Gipfel zur Elektromobilität:Eine Million Elektroautos: Aus einem ambitionierten Ziel wird ein utopisches

Smart Fortwo Electric Drive an einer Ladesäule für Elektroautos

Ein Smart Fortwo mit Elektroantrieb parkt an einer Ladesäule in Berlin - eines von etwa 30 000 E-Fahrzeugen in Deutschland.

(Foto: dpa)
  • 2009 formulierte die damalige Bundesregierung das Ziel, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bekommen.
  • Obwohl sich die batteriebetriebenen Autos nur schleppend verkauften, hielt die Regierung an der Zahl fest.
  • Heute gibt es in Deutschland etwa 30 000 E-Autos - und die Regierung denkt über Kaufprämien nach.

Analyse von Thomas Harloff

Dass es ein ambitioniertes Ziel ist, war bereits klar, als es die Bundesregierung formulierte: Eine Million Elektroautos sollen 2020 auf deutschen Straßen fahren. So sah es der "Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität" von 2009 vor. Dabei waren am 1. Januar 2009 gerade einmal 1452 solcher Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Doch die sich schnell entwickelnde Technologie, der unaufhaltsam steigende Ölpreis und das Umweltbewusstein werden das schon regeln, dachten die damaligen Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg (Wirtschaft) und Wolfgang Tiefensee (Verkehr). Den Rest erledigt der 500 Millionen Euro schwere Aktionsplan, dachte man. Dessen Inhalt? Sehr unkonkret, und Kaufanreize enthielt er nicht. Nicht nötig! Dachte man.

Die Grafik zeigt, wo Deutschland beim Thema Elektromobilität heute steht. Und sie macht auf den ersten Blick deutlich: Viel ist in den sechseinhalb Jahren nicht passiert. 2015 wurden in Deutschland 12 363 Elektroautos verkauft. Rechnet man diese Anzahl zu jenem Bestand an Batteriefahrzeugen hinzu, den das Kraftfahrt-Bundesamt KBA für den Stichtag 1. Januar 2015 auswies, fahren derzeit gut 30 000 Stromer auf Deutschlands Straßen (die offizielle KBA-Bestandsstatistik für 2016 liegt noch nicht vor). Bisher wurden demnach etwa drei Prozent des Solls erfüllt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass in nur vier Jahren ein weiterer Fortschritt von drei auf hundert Prozent gelingen muss.

Bis März diesen Jahres wollen Bundesregierung und Autoindustrie einen gemeinsamen Plan entwickeln. Das erklärte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach Beratungsgesprächen am Dienstag. Die Lösung des Problems, die immer wieder auf den Verhandlungstisch kommt: eine Kaufprämie. 5000 Euro könnte sie etwa betragen, wenn es nach dem Willen von Gabriel und der bayerischen Landesregierung geht. Bundesfinanzminister Schäuble lehnt diese Maßnahme jedoch ab.

Die Regierung hielt an ihrem Ziel fest

Wie sich die Verkaufszahlen entwickeln, war lange absehbar. Doch für die Bundesregierung kam es weiterhin nicht infrage, von ihrem Ziel abzurücken. Noch im Mai 2013 bekräftigte die Bundeskanzlerin sowohl die Zielmarke als auch das Zieljahr. Und lehnte, genau wie der damalige Verkehrsminister Peter Ramsauer, Kaufprämien weiter ab. Die Industrie sei gefordert und der Markt werde das schon regeln, verkündeten die Amtsträger damals. Dabei konnte man der schwarz-gelben Regierung noch zugutehalten, dass erst Teil zwei des Aktionsplans angelaufen war: die Phase des Markthochlaufs, die bis 2016 andauern sollte. Von 2017 an wollte die Regierung in die Phase des Volumenmarktes eintreten, so war es im "Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität" formuliert.

Als der immer noch sehr kleine Markt zwar anfing zu wachsen, jedoch wahrlich nicht im nötigen Umfang, startete die Regierung dann doch noch ein Förderprogramm. Das heißt "EmoG" - eine Abkürzung für das sperrige Wort Elektromobilitätsgesetz, das im Juni 2015 in Kraft trat. Seitdem dürfen Elektroautos nicht nur ein E am rechten Rand des Kennzeichens tragen, sondern beispielsweise auch Busspuren nutzen oder dort kostenlos parken, wo die Fahrer herkömmlicher Autos Parkgebühren zahlen müssen. Das aber auch nur, wenn die jeweilige Kommune das erlaubt. Bisher zeigten die Städte und Gemeinden in dieser Hinsicht jedoch wenig Eifer.

Da Elektroautos weiterhin teuer sind, ihre Reichweite die 100-Kilometer-Marke meist nur unwesentlich überschreitet, echte staatliche Kaufanreize fehlen und Benzin sowie Diesel so günstig sind wie lange nicht, kommt kaum Bewegung in den Markt. War die Million 2009 ein ambitioniertes Ziel, ist sie heute ein geradezu idealistisches - wenn nicht gar utopisches. Um Kaufprämien wird die Regierung wohl nicht herumkommen, will sie in den nächsten vier Jahren mindestens weitere 970 000 Elektroautos auf die deutschen Straßen bringen.

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