Coca-Cola:Coca-Cola zahlte Millionen an deutsche Gesundheitsforscher

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Coca-Cola: Umstrittene Finanzierung von Forschung und Wissenschaft (Foto: Caballero-Reynolds/Bloomberg)
  • Der Coca-Cola-Konzern und seine Stiftung haben in den vergangenen Jahren in Deutschland Forschung und Projekte im Bereich Gesundheit, Ernährung und Bewegung mit etwa 7,5 Millionen Euro gefördert.
  • Zuletzt hatte der Konzern zugegeben, in den USA mehr als hundert Millionen Dollar für "Gesundheitspartnerschaften" und Kooperationen gezahlt zu haben.

Von Markus Balser und Uwe Ritzer, Berlin

Es war einmal die berühmteste und coolste und lange meistbeworbene Marke der Welt. Die Beatles hingen früh an der Flasche, Genosse Fidel Castro fand Gefallen am Getränk des Klassenfeindes. Die Coca-Cola-Mixtur galt Jahrzehnte als Rezept zum Geld verdienen. Allein in Deutschland verkauft der Konzern jährlich fast vier Milliarden Liter seiner Limonaden.

Doch auch solche Zahlen täuschen nicht darüber hinweg: Die Brause steckt in der Krise. Sogar die Amerikaner trinken seit Jahren immer weniger davon. In anderen Ländern sieht es nicht besser aus. Die Zeiten sind schlecht vor allem wegen der immer heftigeren Gesundheitsdebatten um die zuckerhaltigen Getränke des Konzerns. Die Diskussion über Werbeverbote und Limonadensteuern lässt Umsätze sinken. Das öffentliche und politische Bewusstsein für Gesundheit wächst.

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Rund 7,5 Millionen Euro gingen in Deutschland an wissenschaftliche Forschung und Projekte

Wohl deshalb schlägt der Konzern in seiner Strategie nun neue Wege ein. Statt bloß die Marke zu pflegen, sponsort Coca-Cola inzwischen auch Forschungseinrichtungen und Verbände, um das eigene Image aufzumöbeln. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung und des ZDF-Magazins Frontal 21 haben der Coca-Cola-Konzern und seine Stiftung in den vergangenen Jahren in Deutschland wissenschaftliche Forschung und Projekte im Bereich Gesundheit, Ernährung und Bewegung mit rund 7,5 Millionen Euro gefördert. Das geht aus einer umfassenden Liste über Coca-Colas sogenannte "Gesundheitspatenschaften" hervor, die der Konzern nach Aufforderung der Organisation Foodwatch veröffentlicht hat. Allein 1,4 Millionen Euro flossen in die Forschung. Etwa solche zur Herzgesundheit.

Dabei können auch Produkte des Konzerns zum Gesundheitsproblem werden. Denn der Konsum zuckerhaltiger Getränke fördert die Entstehung von Diabetes Typ II und ist zudem mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte assoziiert. Schätzungen der Harvard School of Public Health zufolge gehen 180 000 Todesfälle pro Jahr auf das Konto solcher Getränke. "Mit Geldspritzen für Forschungseinrichtungen und Sportprojekte inszeniert sich Coca-Cola als Teil der Lösung, damit über das wahre Problem nicht gesprochen wird", kritisiert Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei Foodwatch. Der Weltmarktführer für Zuckergetränke sei maßgeblich mitverantwortlich für den weltweiten Anstieg von Übergewicht, Diabetes und Herzkrankheiten. Ein Sprecher von Coca-Cola weist den Vorwurf versuchter Einflussnahme zurück. Es gehe um eine ergebnisoffene Unterstützung.

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Die Lebensmittellobby setzte zuletzt vieles daran, den Verdacht zu entkräften, dass Zucker krank machen kann - auch mit Geld für Forschungsprojekte. Die New York Times hatte im vergangenen Jahr bereits einen Fall von Wissenschaftssponsoring durch den Konzern in den USA aufgedeckt. Daraufhin gab Coca-Cola zu, mehr als hundert Millionen Dollar für "Gesundheitspartnerschaften" und Wissenschaftskooperationen ausgegeben zu haben und veröffentlichte eine Liste mit Wissenschaftlern und Gesundheitsorganisationen, an die das Geld geflossen war.

So unterstützte der Getränkegigant eine Einrichtung namens "Global Energy Balance Network", die behauptete, es gebe keine Belege dafür, dass zuckrige Getränke Übergewicht verursachten. Vielmehr sei mangelnde Bewegung das Problem. Nach Bekanntwerden der Finanzspritze kündigte die involvierte University of Colorado an, die Anschubfinanzierung von Coca-Cola für das Institut zurückzuzahlen. Ende des Jahres stellte es die Arbeit ein. Der Grund: "Begrenzte Ressourcen".

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Die Berliner Charité weist Vorwürfe, der Konzern nehme Einfluss, zurück

In Deutschland blieben die Empfänger dagegen zunächst unter Verschluss. Nun wird klar: eine Million Euro des Sponsorings flossen im Rahmen der Coca-Cola-Initiative "Hör auf dein Herz" an die Berliner Charité, genauer das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin, das etwa die Herzgesundheit bei Frauen untersucht und Stress als Problem ausmacht. Weitere 280 000 Euro flossen für eine Studie zur Bewegungsförderung an die Universität Paderborn. "Bei uns wird sehr streng auf die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre geachtet, das galt auch hier", sagte ein Sprecher. Zu Details der Cola-Kooperation könne er kurzfristig keine Stellung beziehen - die maßgeblichen Forscher der Studie seien nicht mehr an der Uni.

Auch an der Charité weist man den Verdacht zurück, der Konzern könnte die Forschung beeinflusst haben. "Die Vereinbarungen mit der Geldgeberin wurden vor Abschluss von der Verwaltung der Charité geprüft. Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit des Instituts und der Charité wurden damit in keiner Weise verletzt", so ein Sprecher. Coca-Cola habe nie Einfluss auf die Studie geltend gemacht. Das Engagement sei im Rahmen der sozialen Verantwortung des Unternehmens zu sehen.

"Wir sind stolz auf unsere Partnerschaften und schätzen die Anregungen durch externe Experten sehr. Deshalb möchte Coca-Cola Deutschland die Kooperationen auch in Zukunft fortführen", lässt Coca-Cola-Geschäftsführerin Bianca Bourbon im Internet wissen. Bei der Charité ist man zurückhaltender. "Die Forschungsprojekte sind abgeschlossen", teilt der Sprecher knapp mit. Eine Verlängerung sei nicht geplant.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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