Landwerkstätten:Tierschützer erheben neue Vorwürfe gegen Herrmannsdorfer

Landwerkstätten: Laut Schweisfurth lag der Anteil der toten Ferkel in den Landwerkstätten von 2008 bis 2015 zwischen 16,08 und ungefähr 25 Prozent im Jahr.

Laut Schweisfurth lag der Anteil der toten Ferkel in den Landwerkstätten von 2008 bis 2015 zwischen 16,08 und ungefähr 25 Prozent im Jahr.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Bei dem Biofleisch-Erzeuger sterben demnach viel mehr Ferkel als auf anderen Höfen. Die Firma weist das zurück - zieht aber Konsequenzen.

Von Christian Sebald

Die Organisation Soko Tierschutz erhebt neue schwere Vorwürfe gegen die Herrmannsdorfer Landwerkstätten. "Es ist falsch, wenn Herrmannsdorfer-Chef Karl Schweisfurth sagt, die hohe Ferkelsterblichkeit 2015 sei ein Ausreißer gewesen", erklärte der Chef der Initiative, Friedrich Mülln, am Dienstag in München.

"Uns liegen die Unterlagen seit 2008 vor: Danach lag die Mortalität im Jahresschnitt bei etwas mehr als 22 Prozent." Rechnet man die Totgeburten hinzu, lag sie laut Mülln im Schnitt sogar bei 33 Prozent.

Auch beim Antibiotika-Einsatz in der Schweinehaltung griff Mülln den Bio-Musterbetrieb erneut scharf an. Schweisfurth wies die Kritik zurück. "Müllns Zahlen stimmen nicht", sagte er. "Und beim Antibiotika-Einsatz bestätigen uns unsere Tierärzte, dass die Situation gut ist."

Schweisfurth will nun Konsequenzen ziehen

Laut Schweisfurth lag der Anteil der toten Ferkel in den Landwerkstätten von 2008 bis 2015 zwischen 16,08 und ungefähr 25 Prozent im Jahr. Im Schnitt der acht Jahre ergibt sich nach Schweisfurths Zahlen eine Rate von gut 20 Prozent - zwei Prozentpunkte weniger als nach Müllns Statistik.

Wie auch immer - für den Ingolstädter Tierarzt und Bio-Experten Rupert Ebner sind beide Raten deutlich zu hoch. Nach seiner Erfahrung sterben in guten Betrieben allenfalls zehn Prozent der Ferkel - eine Einschätzung, die andere Branchenkenner bestätigen.

Schweisfurth will nun Konsequenzen ziehen. "Bisher haben wir die Muttersauen möglichst alt werden lassen", sagte er. "Aber je älter sie sind, desto größer sind die Verlustraten bei den Ferkeln." Das liege daran, dass eine Muttersau mit zunehmendem Alter träger werde und daher das Risiko steige, dass sie ihre Jungen erdrücke.

Es habe auch damit zu tun, dass die Ferkel selbst kleiner und schwächer würden, je älter ihre Mütter seien. "Deshalb ändern wir die Strategie", sagte Schweisfurth. "Bisher haben unsere Muttersauen sechs bis acht Würfe. Künftig tun wir sie früher weg."

Schweine hatten sich mit Geflügel-TBC infiziert

Auch beim Antibiotika-Einsatz legte Mülln nach. Er präsentierte ein Dokument des Tiergesundheitsdiensts (TGD) Bayern, laut dem die Keime im Kadaver eines zwei Wochen jungen Herrmannsdorfer Ferkels gegen sechs Antibiotika-Gruppen resistent waren. "Sechs Antibiotika - das ist eine immense Menge", sagte Mülln. "Da stellt sich die Frage, wie so etwas in einem Bio-Musterbetrieb zustande kommt."

Außerdem präsentierte Mülln ein Dokument, in dem der TGD Schweisfurth sehr deutlich an seine Verantwortung den Verbrauchern gegenüber erinnert. Der Grund war, dass sich in den Landwerkstätten Schweine mit Geflügel-TBC infiziert hatten. Der Erreger kann für ältere und geschwächte Menschen gefährlich sein.

Ursache für die Infektion der Schweine dürfte die "symbiotische Landwirtschaft" gewesen sein, also die Haltung von Hühnern und Schweinen auf denselben Flächen.

Das Ferkel sei gleichsam von Natur aus gegen die Medikamente immun gewesen

Die Tierärzte forderten, solche Infektionen zu unterbinden. "Gerade in Herrmannsdorf sollte man sich der Verantwortung gegenüber dem Kunden bewusst sein", heißt es in dem Schreiben. Man müsse "alle Möglichkeiten ausschöpfen, nicht nur eine artgerechte Haltung anzustreben, sondern auch sicheres Fleisch zu erzeugen".

"Wir haben sofort die Zahl der Hühner reduziert", sagte Schweisfurth. "Vor allem die der älteren." Denn ältere Hühner seien besonders anfällig für Geflügel-TBC. Die Maßnahmen hätten gegriffen, Geflügel-TBC sei kein Thema mehr in Herrmannsdorf.

So wie auch Antibiotika-Resistenzen. "Der Befund von den sechs Resistenzen, die Mülln anprangert, hat keine Aussagekraft", erklärte Schweisfurth. "Das waren sogenannte natürliche Resistenzen." Das Ferkel sei gleichsam von Natur aus gegen die Medikamente immun gewesen. Solche Fälle träten immer wieder auf.

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