2. Liga:Der Tiger knurrt in der Provinz

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Paderborns Trainer Stefan Effenberg möchte unbedingt in die Bundesliga - mit dem SC Paderborn ist er davon aber weit entfernt. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Die Liaison zwischen Effenberg und dem SC Paderborn hat ihren Zauber verloren. Der Trainer kämpft, doch vielleicht geht es dabei auch nicht nur um sein eigenes Schicksal.

Von Phillipp Selldorf

Als Stefan Effenberg Mitte Oktober im Stadion als neuer Trainer des SC Paderborn präsentiert wurde, eilte die Weltpresse nach Ostwestfalen. Vier Monate später muss sich Effenberg einsam und verlassen vorkommen, wenn er über das nächste Spiel seiner Mannschaft referiert. Eine Handvoll ständiger Vertreter handelt binnen einer Viertelstunde routiniert die prekäre Lage ab.

Die Liaison des vormaligen Spitzenprofis und des vorübergehenden Bundesligisten aus der Provinz südlich von Bielefeld hat den Zauber verloren, der sich nach dem geglückten Anfang zu entfalten schien. Seit acht Spielen hat der SC Paderborn nicht mehr gewonnen. Effenberg vertritt aber die Meinung, dass diese Rechnung nur die halbe Wahrheit darstellt. "Wir haben mit mir zehn Spiele gespielt, und es wird immer gesagt: Acht Spiele nicht gewonnen. Das hört sich natürlich dramatisch an. Aber man kann es auch umdrehen und sagen: Zehn Spiele - sechs davon nicht verloren. Das ist so schlecht nicht. Es liegt immer im Auge des Betrachters."

Der einflussreichste Betrachter in Paderborn ist der Präsident Wilfried Finke, 64, der am Freitagabend beim Spiel gegen Kaiserslautern aber nicht im Stadion sein wird. Er verbringt ein paar Tage auf seiner Finca in Mallorca. Wie die meisten Profiklubs hat der SC Paderborn ein Präsidium und eine Geschäftsführung, aber die elementaren Entscheidungen im Verein trifft der begüterte Möbelhändler Finke, Patron der alten Schule. Seine Geduld mit dem neuen Trainer wird nicht nur durch die Abstiegsgefahr strapaziert, auch ein paar disziplinarische Vorfälle im Trainingslager sorgten für Aufsehen, das man in der beschaulichen katholischen Stadt als unangenehm empfindet.

Stefan Effenberg kämpft um seine Chance und den Einstieg ins Trainerleben, und vielleicht geht es dabei auch nicht nur um sein eigenes Schicksal. Es gibt eine wachsende Zahl von Leuten in der Branche, die sich wünschen, dass charismatische Ex-Profis wie Effenberg dem Fußball erhalten bleiben. Michel Meier zum Beispiel, ehedem Manager in Dortmund und Köln, der sagt: "Effenberg hat dem Fußball viel zu verdanken - er hat ihm aber auch viel gegeben, und er kann das auch weiterhin tun."

Oder Mehmet Scholl, der mit Effenberg den Trainer-Lehrgang besuchte und seinen ehemaligen Mitspieler bei Bayern München auf neue Weise zu schätzen gelernt hat. Effenberg sei ein Mann "mit Haltung und Meinung" und somit in einer technokratisch orientierten Trainergeneration eine rare und schützenwerte Erscheinung. So finden sich im Abstiegskampf des SC Paderborn auch Spuren eines Kulturkampfes, der zurzeit den Fußball bewegt.

© SZ vom 12.2.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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