Haidhausen:Zuwachs im Innenhof

Die Bebauung im Geviert von Versailler, Prinzregenten-, Einstein- und Braystraße gilt den einen als Beispiel einer gelungenen Nachverdichtung. Die anderen kritisieren das Verschwinden weiterer Grünflächen

Von Alfred Dürr, Haidhausen

Das Wohnen ist an dieser Stelle dichter geworden: Der einst großzügige grüne Innenhof des Quartiers zwischen Versailler Straße, der Prinzregentenstraße, der Einsteinstraße und der Braystraße hat baulichen Zuwachs bekommen. Rund drei Jahre nach dem Beginn der Planungen sind die beiden Blöcke mit 66 Mietwohnungen bezugsfertig. Bauherr ist die Versicherungskammer Bayern (VKB).

Gerade in den innerstädtischen Vierteln ist der knappe Raum für Neubauten mit Tiefgaragen ein äußerst begehrtes Gut. Nicht immer gelingt es wie in diesem Fall, sich in die vorhandene Bausubstanz einzufügen und dabei das Angebot auf dem schwierigen Münchner Immobilienmarkt qualitätvoll zu vergrößern. Die VKB hatte in Abstimmung mit der Stadt einen Architektenwettbewerb ausgelobt, den das Münchner Büro Palais Mai mit den Landschaftsarchitekten Grabner und Huber gewonnen hatte.

Es ist gelungen, dem Hof ein bemerkenswertes neues Erscheinungsbild zu verleihen. In einer T-Form sind die zwei frei stehenden Bauten mit ihren jeweils fünf Geschossen zueinander angeordnet. Von der Form her sind dies keine langweiligen, gradlinigen Riegel, sondern geradezu schwungvoll wirkende Figuren. Einen zusätzlichen Akzent setzt die Fassade mit den hellen Klinkersteinen - ein deutlicher Bezug zur Fassade der mächtigen Kirche St. Gabriel, die 1902 erbaut wurde und die den Hof zur Prinzregentenstraße begrenzt. Leicht hervortretende schmale Klinkerreihen legen sich wie Bänder um die Wohnhäuser und geben dem Gefüge zusätzlich einen eigenen Rhythmus. Die Häuser bekommen so Charakter, wirken aber keineswegs als Fremdkörper in einer Umgebung, die aus den Anfangsjahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts stammt.

Haidhausen: Die hellen Klinkersteine stellen einen Bezug zur Fassade der Kirche St. Gabriel (hinten) her.

Die hellen Klinkersteine stellen einen Bezug zur Fassade der Kirche St. Gabriel (hinten) her.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Jede Wohnung besitzt eine Loggia beziehungsweise einen Balkon. Ganz oben gibt es Dachterrassen. Die Wohnungszuschnitte variieren vom Appartement über die Drei-Zimmer-Wohnung bis zum Penthouse. Im südlichen Bereich des Areals wurde an die Brandmauer ein Haus angebaut. Dieses ist im Rohbau fertig. Hier soll eine Kindertagesstätte mit mehreren Gruppen unterkommen.

Mit der neuen höheren Dichte soll für die Bewohner das Besondere des Ortes erfahrbar bleiben - das war ein zentraler Anspruch der Architekten. Trotz der Baumasse müsse der Hof mit den alten Bäumen auch weiterhin großzügig wirken; Blickbeziehungen bleiben durch die Anordnung der neuen Baukörper erhalten. Um die Häuser entstehen neue Grünflächen.

Irena Wunsch ist seit einigen Jahren Mieterin in der Versailler Straße und hat die neuen Nachbarbauten direkt vor Augen. Auch sie lobt die Architektur. Obwohl das Projekt gelungen sei, müsse man auf die Kehrseite hinweisen. "Wir sind hier auch wegen des schönen großen Innenhofs eingezogen", sagt sie. Kaum habe man sich eingelebt, hätten die Bauarbeiten begonnen: "Das war eine starke Belastung." Und ein Ende sei nicht abzusehen. Denn jetzt sollen auch noch die Dachgeschosse im Altbau-Bestand ausgebaut werden.

Haidhausen: Das Areal zwischen Bray- und Versailler Straße wurde nach Plänen des Architekturbüros Palais Mai bebaut.

Das Areal zwischen Bray- und Versailler Straße wurde nach Plänen des Architekturbüros Palais Mai bebaut.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Schon am Beginn der Planungsphase hatte sich Irena Wunsch zusammen mit anderen Anwohnern kritisch geäußert. München brauche zusätzliche Wohnungen, das sehe man sehr wohl. Aber gerade ein Quartier, das sich zwischen stark befahrenen Straßen befinde, benötige auch ausreichend Frischluft-Oasen - und das seien eben die Innenhöfe. Das Verhältnis zwischen Nachverdichtung und Grünflächen müsse ausgewogen sein.

Eine gute Lage in Haidhausen mit bester U- und S-Bahn-Verbindung, zusätzliche Wohnungen mit gelungener Architektur und ein neustrukturiertes grünes Umfeld im ruhigen Hof - ist das nicht eigentlich eine begrüßenswerte Entwicklung? Nicht alle Wohnungen seien bisher vermietet, obwohl sie doch attraktiv seien, stellt Irena Wunsch fest: "Das liegt an den zu hohen Preisen." Ein Schnäppchen sind die Mieten mit durchwegs 18 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter gewiss nicht. Aber die Versicherungskammer hat die Möglichkeiten nach oben auf dem teuren Münchner Wohnungsmarkt auch nicht ausgereizt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: