Homophobie in Bounty Killers Texten:Der Mann hat ein Problem

Lesezeit: 3 min

Sein Auftritt ist fraglich: Weil die Texte des Sängers Bounty Killer lesben- und schwulenfeindlich sind, wird über ein nationales Einreiseverbot diskutiert.

J. Biazza und C. Kappes

Wenn er damit Aufmerksamkeit heischen wollte, ist es ihm gelungen. Aber wohl weniger bei einem Publikum, das sich wegen seiner musikalischen Qualitäten für ihn interessieren würde.

Bounty Killer (Foto: Foto: getty/afp)

Vor seinem für diesen Freitag geplanten Konzert im Backstage rief der jamaikanische Dancehall-Sänger Bounty Killer (mit bürgerlichem Namen Rodney Price) Menschenrechtler, Politiker, Staatsanwaltschaft und Innenministerien auf den Plan.

Dass sich nun statt seiner Fans vornehmlich Politik und Justiz mit Bounty Killer beschäftigen, hängt mit einem Widerspruch zusammen, den aufzulösen die Reggae-, Ragga- und Dancehall-Szene alleine offenbar nicht imstande ist: Es geht um die Frage, wie die eigentlich für Weltoffenheit und Toleranz stehende Gemeinde mit ihrem Homophobie-, Sexismus- und Diskriminierungsproblem umgehen soll.

Bounty Killer ist einer der Vertreter der sogenannten "Battyman-Tunes", einer Dancehall-Richtung mit homophoben Hass-Texten. "We blaze it for you stinky chi chi man and parasite. Jamaica never mek fi dem and spoil we paradise" (auf Deutsch: "Wir entfachen ein Feuer für euch stinkende Schwuchteln und Parasiten. Jamaika wird niemals zulassen, dass ihr unser Paradies beschmutzt") - das singt Price auf seinem 2001 erschienenen Album "Riddim Driven: Juice".

Die Hasstiraden sind in der Szene derart verbreitet, dass vor einigen Jahren der sogenannte "Reggae Compassion Act" ins Leben gerufen wurde, ein Abkommen, in dem sich Künstler verpflichten, auf Gewaltaufrufe und Battyman-Tunes zu verzichten. Bounty Killer gehört zu den Sängern, die sich weigern, dieses Abkommen zu unterzeichnen.

Für Hellmuth Pusch, bayerischer Landesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland (LSVD), erfüllen die Texte des 36-jährigen Jamaikaners den Tatbestand der Volksverhetzung und der Aufforderung zu einer Straftat.

Nachdem der LSVD Strafanzeige gestellt hatte, wurden Auflagen für das Konzert angeordnet: Würde Bounty Killer sagen, was er in vielen seiner Songs bereits gesagt hat, würde er etwa Schwule mit Parasiten gleichsetzen oder zur Gewalt gegen sie aufrufen, würden die anwesenden Polizisten das Konzert umgehend abbrechen.

So weit kann es nun möglicherweise gar nicht mehr kommen. Denn auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete und menschenrechtspolitischer Sprecher der Fraktion, Volker Beck, hat in Abstimmung mit dem LSVD Strafanzeige gegen Bounty Killer gestellt.

Zum einen will er die Verbreitung von Tonträgern, auch von anderen "jamaikanischen Hass-Musikern" (Beck), wie etwa Capleton, TOK, Beenie Man, Vybz Kartel oder Sizzla, der im Mai in München auftreten soll, verbieten lassen.

Darüberhinaus wirkte er nach eigener Aussage auf ein Einreiseverbot hin. Am Donnerstag nun teilte Beck mit, die Bundesregierung habe Bounty Killer zur Zurückweisung an den Schengen-Außengrenzen ausgeschrieben. Dies habe ihm das Bundesinnenministerium am Donnerstag mitgeteilt. Bounty Killer befinde sich jedoch bereits im Schengen-Raum, so dass Beck nun die Landespolizeien in der Pflicht sieht: Die zuständigen Landesinnenminister habe er jedenfalls bereits informiert.

Eine Sprecherin des bayerischen Innenministeriums konnte am Donnerstag ein offizielles Einreiseverbot für Bounty Killer nicht bestätigen. Lediglich ein Fax von Beck an Ministerpräsident Günther Beckstein liege vor, in dem der Grünen-Abgeordnete auf ein Einreiseverbot hinweise, ebenso ein entsprechendes Schreiben mit Verweis auf Beck vom Innensenat in Berlin, wo ebenfalls ein Bounty-Killer-Konzert geplant ist.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte am Donnerstag auf Nachfrage, dass Bounty Killer alias Rodney Price seit Mittwochabend national zur Zurückweisung durch die Bundespolizei ausgeschrieben ist.

Backstage-Chef Hans-Georg Stocker hatte geplant, Bounty Killer nur bei schriftlicher Zusage, umstrittene Lieder nicht zu spielen, auftreten zu lassen, und will selbst deutlich machen: "Hass und Gewalt haben bei uns nichts verloren." Die schriftliche Erklärung von Bounty Killer liege mittlerweile vor.

Von einem Einreiseverbot für den Sänger wisse er allerdings nichts, sagte Stocker am Donnerstag. Er betonte, man werde "nur in Übereinstimmung mit den Behörden handeln". Unberührt davon bliebe die inhaltlich-künstlerische Debatte bestehen. Man plane dazu ein Diskussionsforum im Juni.

Ein Gespräch wird von allen Seiten befürwortet und gefordert, auch Pusch vom LSVD-Bayern sieht "einen Dialog mit der Reggae-Szene" als dringend notwendig an. Dazu aber muss man sich zunächst auf eine gemeinsame, für alle verständliche Sprache einigen. Denn Bounty Killer singt in dem jamaikanischen Dialekt Patois. "Patois ist eine Sprache, die man nicht im Englischunterricht lernt", sagt Andreas Leske, der Szene besser bekannt als Caramelo, Sänger von Les Babacools und Raggabund.

Die Sprachschwierigkeit ist ihm zufolge auch ein Grund für die unkritische Hinnahme der Texte in Deutschland. Auf ihrem aktuellen Album wollen Raggabund deshalb Aufklärungsarbeit leisten: "Battyman-Tunes sind Hasspropaganda", heißt es da.

© SZ vom 28.03.2008/ngh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: