Bionik:Mikrostruktur gewinnt Wasser aus der Luft

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Neuartige Oberfläche: Wasserfang dank Mikro-Hügel (Foto: James C. Weaver, Dylan Wainwright and Joanna Aizenberg)

Käfer, Kaktus und Kannenpflanze sind Vorbild für eine neue mikroskopische Oberfläche. Man kann damit äußerst schnell Wassertropfen aus der Luft gewinnen.

Von Andrea Hoferichter

Käfer, Kaktus und Kannenpflanze waren Vorbilder, als Ingenieure um Kyoo-Chul Park von der Harvard University eine neue Oberflächenstruktur bauten. Das Ergebnis ist eine rutschige Miniatur-Hügellandschaft, auf der sich Wasserdampf aus der Luft niederschlägt, Tropfen schnell wachsen und flott wieder abfließen. In einer Stunde könne man damit zehnmal so viel Kondenswasser sammeln wie auf ebenen Flächen, schreiben die Forscher in Nature.

"Je schneller gesammelt wird, desto weniger Wasser kann wieder verdunsten", sagt Park. Das sei wichtig, wenn man in trockenen Regionen aus Luftfeuchtigkeit Trinkwasser gewinnen möchte. Aber auch andere Verfahren könnten profitieren, bei denen Wasserdampf kondensiert wird: von der Meerwasserentsalzung über Wärmeaustauscher bis zu Wärmekraftwerken. Die neue Oberfläche wirkt als Turbo, denn je schneller Flächen frei werden, desto eher ist Platz für neues Kondensat.

Wie der Rücken eines Wüstenkäfers

Die Grundstruktur ähnelt dem Rücken von Wüstenkäfern. Auf millimetergroßen Noppen bilden sich dort Tautröpfchen, vor allem wenn die Krabbler den Rücken in den Wind stellen. Auch das künstliche Pendant ist mit millimetergroßen Hügeln gespickt, doch haben diese oben ein Plateau, das mehr Platz für die Tropfenbildung bietet. Dabei wachsen zunächst kleinere Tropfen an den abgerundeten Plateaukanten und verschmelzen dann auf dem Plateau zu einer größeren Wasserperle. Damit diese zügig abfließt, haben die Ingenieure eine Art Rampe integriert, die nach unten breiter wird wie der Stachel eines Kaktus.

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Um diese Landschaft zu formen, haben die Wissenschaftler ein dünnes Aluminiumblech in eine Kunststoffform aus dem 3D-Drucker gepresst. Anschließend tauchten sie das Blech kurz in kochendes Wasser. Dabei entstand eine zerklüftete Struktur im Material, die mit Öl benetzt eine glitschige Schicht bildet. Darauf rutschen die Tropfen auf dem Plateau besonders leicht zusammen und die große Wasserperle schnell herunter. Das Vorbild für diesen Trick sind fleischfressende Kannenpflanzen, die über einen ähnlichen Schmierfilm Insekten in ihren Schlund gleiten lassen.

Stimmen die Daten der Harvard-Forscher, wäre ihr Material der Biologie überlegen. Denn da ist der Noppeneffekt umstritten. Studien an toten Käfern deuten darauf hin, dass ein hügeliger Rücken zumindest beim Nebelsammeln keine höheren Erträge liefert als ein glatter und weniger als Wüstengras.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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