Lenggries:Fischsterben im Sylvensteinsee

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Retten, was geht: Mitglieder des Fischereivereins Lenggries bringen Fische zu Tausenden aus den Untiefen im Stausee. (Foto: oh)

Die Tiere verirren sich in flache Pfützen und verenden. Weil die Arbeiten länger dauern als geplant, fürchten die Lenggrieser Fischer um die kommende Brut.

Von Konstantin Kaip, Lenggries

Der seit Monaten niedrige Wasserstand des Sylvensteinsees mag für Touristen reizvoll sein. Schließlich gibt er den Blick auf die Ruinen des alten Ortes Fall frei, die sonst unter der Wasseroberfläche liegen. Die Fischer am Stausee aber erfüllt der Anblick mit zunehmender Sorge. Denn den Fischbeständen des Gewässers, die durch den Ablass ohnehin dezimiert wurden, macht das flache Wasser zu schaffen. Die Verzögerung der Bauarbeiten am Sylvensteindamm hat daher den Fischereiverein Lenggries alarmiert. Nicht nur, weil im flachen Wasser schon zahlreiche Fische verendet sind. Sondern auch, weil Sie fürchten, dass sich der Niedrigstand bis in die Laichzeit ziehen und so die kommende Fischgeneration gefährden könnte.

Um den Schaden gering zu halten, waren die Lenggrieser Fischer schon im November immer wieder auf den freigelegten Flächen unterwegs. Mehr als 90 Stunden haben Gewässerwart Tobias Oberlechner und seine Helfer geopfert, um möglichst viele Tiere aus den so genannten Fischfallen zu holen, die sich dort gebildet hatten - flache Bereiche, aus denen die Fische nicht herauskommen. "Oft waren hundert Stück in einer kleinen Pfütze versammelt", erzählt Oberlechner. Arten wie Äschen und Seeforellen aber auch Flusskrebse haben die Fischer mit einem elektrischen Fischfanggerät wieder ins tiefere Wasser getrieben. Tausende Fische, sagt Oberlechner, konnten sie so retten. Irgendwann sei der Untergrund aber zu matschig geworden. Nun könnten sie nur zusehen und warten. Für Oberlechner und seine Vereinskameraden steht daher fest: Je früher sich der See wieder füllt, desto besser.

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Noch ist Fall am Grund des Stausees zu sehen - wenn auch von Schnee bedeckt. Demnächst werden die Fluten die Ruinen wieder für Jahrzehnte begraben.

Mit der Nachricht, dass sich die Bauarbeiten verzögern, kam die Sorge um die Fischbrut. Denn sollte der Niedrigstand bis Ende April anhalten, erklärt der Vorsitzende des Fischereivereins, Stefan Greif, hätten Äschen, Zander, Seeforellen und Renken kaum Laichflächen. "Die Eier der Salmoniden müssen mit frischem, sauerstoffreichen Wasser umspült werden." Und der Uferbereich, wo der Hecht laicht, sei "eine richtige Schmutzbrühe". Greif drängte daher auch beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt (WWA) Weilheim um rasche Wiederaufnahme der Arbeiten.

Tobias Lang, beim WWA für den Stausee zuständig, räumt Verzögerungen ein. "Es ist korrekt, dass wir nicht ganz im Zeitplan sind", sagt er. Der ursprünglich für den 11. März vorgesehene Aufstau habe verschoben werden müssen, weil die beauftragte Firma ein wichtiges Bauteil nicht rechtzeitig geliefert habe: die Umlenkrolle für den Revisionsschutz. Eine Art Flaschenzug, erklärt Lang, mit dem der überdimensionierte Stöpsel im Damm per Kraftübertragung wie bei einer Seilbahn angehoben und gesenkt werden kann. Nach mehrmaligem Drängen habe die Firma nun jedoch geliefert und am Mittwoch mit der Montage begonnen, sagt Lang. Sollte dann der Probebetrieb erfolgreich ausfallen, könne man den Damm schließen. Zwischen zwei und drei Wochen, schätzt Lang, habe sich der Zeitplan verzögert.

Zahlreichen Tiere verirren sich in die sogenannten Fischfallen, wo sie stecken bleiben und schließlich verenden. (Foto: Tobias Oberlechner/oh)

Die Sorge um die Fischbrut aber kann er nicht ganz nachvollziehen. "Auch Fische reagieren auf natürliche Signale", sagt Lang. Die Laichzeit der Tiere richte sich schließlich nicht nach dem Kalender, sondern nach anderen Faktoren wie Wassertemperatur, Licht und Wasserstand. Der Pegel hänge im Übrigen auch nach den Bauarbeiten von zahlreichen Faktoren ab, die man nicht beeinflussen könne: von den Temperaturen etwa und der Schneemenge im Einzugsgebiet. "Der Schnee schmilzt und fließt über die Flüsse in den Stausee", sagt Lang. "Das ist ein ganz natürlicher Vorgang." Diese Jahr seien die Bedingungen zwar "nicht optimal", sagt er. Immerhin aber sei im März noch Einiges an Schnee gefallen. Wie lange es dauert, bis der Spiegel des Sylvensteinsees um die derzeit fehlenden elf Meter auf den Normalstand von 750 Meter über Normalnull steigt, sei daher nicht vorhersehbar. Das hänge vom Wetter ab, sagt Lang. Wenn bei starkem Fön etwa sehr viel Schnee verdunste, könne das auch noch bis Juni dauern.

Fischer Stefan Greif wertet die Aussage, dass die Arbeiten am Damm wieder voll im Gange sind, als "positive Nachricht". Dem Fischereiverein gehe es darum, den Schaden zu minimieren, sagt er. Vermeiden lasse er sich nicht. Ohnehin würde man neue Fischbrut ausbringen müssen, um die Bestände wieder aufzufüllen. Nach den Bauarbeiten haben die Fische immerhin Ruhe: Denn mit dem neuen Revisionsschutz muss der Stausee künftig nicht mehr wie gehabt regelmäßig abgelassen werden.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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