Slowakei:Partner, die wenig eint

Slowakei: Scharfe Attacken gegen Migranten: der slowakische Ministerpräsident Robert Fico.

Scharfe Attacken gegen Migranten: der slowakische Ministerpräsident Robert Fico.

(Foto: Samuel Kubani/AFP)

Robert Fico hat überraschend schnell eine neue Regierung für die Slowakei gezimmert. Doch wie lange sie hält, ist eine andere Frage. Auch: Wie weit das Land nach rechts rückt.

Von Florian Hassel, Warschau

Die Slowakei hat von Mitte kommender Woche an eine neue Regierung unter alter Führung. Weniger als zwei Wochen nach der Wahl vom 6. März, die mehrere rechte Kräfte ins Parlament des Landes brachte, einigte sich Ministerpräsident Robert Fico mit drei anderen Parteien auf eine Koalition. Fico führt die bisher schon regierende Partei Smer an. Die kommende Koalitionsregierung übernimmt voraussichtlich bei der ersten Sitzung des neugewählten Parlaments am 23. März die Amtsgeschäfte.

Trotz der schnellen Regierungsbildung bleiben in der Slowakei wichtige Fragen offen. Zum 1. Juli übernimmt das Land für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. Wie stabil die aus sehr unterschiedlichen Parteien gebildete Regierung sein wird, muss sich zeigen. Die Frage ist, wie weit die Slowakei nach rechts rückt und wie sie sich in der Flüchtlingspolitik verhält.

Mit scharfen rhetorischen Attacken gegen die Aufnahme von Migranten und gegen Muslime hatte Ministerpräsident Robert Fico nach dem Beginn der europäischen Flüchtlingskrise im Sommer 2015 seine Popularität gesteigert - Ende des Jahres lag sie bei 40 Prozent. Im Wahlkampf aber rückten wirtschaftliche und soziale Probleme in den Mittelpunkt: etwa eine trotz Wirtschaftswachstum hohe Arbeitslosigkeit von mehr als zehn Prozent.

Während die Hauptstadt Bratislava boomt, ist in manchen Regionen der Slowakei fast ein Drittel der Bevölkerung ohne Job. Die Slowakei hat fünf Millionen Einwohner. Der Mindestlohn liegt nur knapp über 400 Euro monatlich. Lehrer sind schlecht bezahlt, im Februar gaben Hunderte Krankenschwestern ihren Job auf. Da half es Fico schließlich auch nichts, dass er vielen Slowaken in den letzten Jahren freie Bahntickets spendierte und noch wenige Wochen vor der Wahl einen Scheck ins Haus schickte - angeblich eine Rückzahlung nach günstigen Gaspreisen.

Die Wahl vom 6. März stutzte Ficos Partei auf nur noch 28 Prozent der Stimmen herunter, von 83 auf 49 der 150 Parlamentssitze. Außerdem schafften es sieben weitere Parteien ins Parlament, darunter die rechtsextreme Volkspartei Unsere Slowakei (LSNS) unter Marian Kotleba - einem Mann, der früher gern im schwarzen Hemd auftrat und den Führer einer 1939 bis 1945 regierenden, von Hitler abhängigen slowakischen Marionettenregierung lobte. Knapp ein Viertel der Erstwähler wählte am 6. März die LSNS: Die Rechtsextremen kamen auf acht Prozent und haben mit 14 Abgeordneten erstmals eine nationale Bühne.

Der Regierungschef trat bisher als Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik auf

Entgegen vorherigen Ankündigungen gehen nun drei Parteien mit Ficos Partei zusammen: die rechtsnationale Slowakische Nationalpartei (SNS) und die kleinen Parteien Most-Hid und Siet. Freilich hat die künftige Vier-Parteien-Koalition selbst zusammen nur 81 Mandate. Die neuen Partner eint wenig: Die SNS etwa polemisiert nicht nur gegen Migranten, sondern auch gegen die EU, gegen Roma und gegen die ungarische Minderheit, die fast eine halbe Million Menschen ausmacht. Eben die Ungarn aber werden vom dritten Koalitionspartner vertreten, der Most-Hid-Partei. Die Stabilität einer so bunten Regierung ist slowakischen Experten zufolge zweifelhaft.

Offen ist auch, wie sich die Slowakei in der EU verhält. Regierungschef Fico trat bisher als entschiedener Gegner der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf und klagte nach der Verteilung der ersten 120 000 Flüchtlinge durch die EU-Kommission und der Zuteilung von 802 Flüchtlingen für die Slowakei Anfang Dezember 2015 vor dem Europäischen Gerichtshof.

Die Slowakei war auch Gegner von Zugeständnissen an das verschuldete Griechenland. Andererseits will die Slowakei viel von der EU - und auch von der Bundesregierung: etwa den Verzicht auf die geplante Erdgaspipeline North Stream 2, die noch mehr russisches Gas unter Umgehung der Ukraine und weiterer Transitländer nach Europa bringen würde. Bisher verdient die Slowakei 600 Millionen Euro jährlich an der Weiterleitung von Erdgas aus Russland nach Europa. EU-Transfers an die Slowakei machen knapp 1,7 Milliarden Euro jährlich aus - bei Staatsausgaben von 33 Milliarden Euro.

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