Steueroasen:Steuerflucht: Die Caymans kommen davon

Small island cays in the Bahamas seem from the ISS

Blick aus der Internationalen Raumstation ISS auf die Karibik. Inseln wie die Caymans oder die Bahamas (im Bild) ziehen Steuerflüchtlinge an.

(Foto: Epa/Nasa)
  • Im Kampf gegen die Steuerflucht großer Konzerne legt die EU-Kommission einen neuen Plan vor.
  • Kritiker bemängeln aber eine Schwachstelle: Dem Vorschlag zufolge müssten die Konzerne ihre Steuerlast in der EU melden, nicht aber die Gewinne, die sie etwa in Steueroasen verschieben.

Von Bastian Brinkmann und Alexander Mühlauer, Brüssel

Ein Klick mit Folgen: Wer im Internet Angebote für einen neuen Teppich googelt oder ein Tier-Video auf Youtube ansieht, wird vom Internetkonzern Google kategorisiert. Kunst- oder Tierbedarfshändler, die diese Zielgruppen erreichen wollen, können dann gezielt Werbung schalten. Mit wem auch immer sie dabei konkret kommunizieren, am Ende ist der Vertragspartner die Firma Google Irland - selbst wenn ein deutscher Händler mit deutschen Waren deutsche Kunden erreichen will. Aber der amerikanische Werbekonzern Google hat in Dublin sein europäisches Hauptquartier und wickelt Verträge dort ab.

Nach offizieller Lesart von Google sei Dublin ein idealer Standort, weil die Firma dort gut ausgebildete und englischsprachige Mitarbeiter finde. Kritiker sind sich sicher, Google habe seinen Sitz bewusst - wie Facebook, Apple und andere IT-Konzerne auch - in eine Steueroase gelegt, damit das deutsche Finanzamt leer ausgehe.

Nun sollen künftig immerhin mehr Informationen verfügbar sein. Die EU-Kommission verschärft ihren Kampf gegen die Steuerflucht großer Konzerne. Die Finanzbehörden in der EU sollen sich künftig umfassend untereinander austauschen. So sollen die Steuerverwaltungen erfahren, in welchen Ländern die Firmen wie hohe - oder eben niedrige - Abgaben zahlen. Der automatische Informationsaustausch mit den Steuerverwaltungen soll verpflichtend für alle Firmen gelten, die mehr als 750 Millionen Euro Umsatz pro Jahr machen. Diesen Vorschlag will die EU-Kommission am 12. April vorstellen. In der Finanzszene heißt diese Idee Country-by-Country-Reporting, länderspezifische Berichterstattung. Dem Entwurf zufolge gilt die Richtlinie für alle Unternehmen, die ihren Hauptsitz oder Tochterfirmen in der Europäischen Union haben. Insgesamt dürfte dies etwa 6000 Unternehmen betreffen. Sie sollen einige Eckdaten offenlegen, jeweils pro Land: Mitarbeiterzahl, Nettoumsatz, Gewinn vor Steuern und gezahlte Körperschaftsteuer.

Der Vorschlag hat allerdings eine Schwachstelle. Die neuen Regeln sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission nur für Aktivitäten in Europa gelten. Die Konzerne müssen ihre Steuerlast zwar in der EU melden, aber nicht die Gewinne, die sie außerhalb der EU verschieben. Google zum Beispiel nutzt eine Offshore-Konstruktion auf den Bermudas. Auch die Cayman Islands sind bei Konzernen beliebt, viele Dax-Unternehmen haben Niederlassungen auf den Britischen Jungferninseln. Was in die Karibik verschwindet, bleibt somit trotz der Initiative im Zweifel geheim.

Dutzende Milliarden Euro entgehen Europas Staaten jedes Jahr

Die Einführung der länderspezifischen Berichte wird schon lange von Aktivisten gefordert, die sich für eine faire Unternehmensbesteuerung einsetzen. Auch EU-Abgeordnete dringen seit Jahren darauf. Sven Giegold, der für die Grünen im Europäischen Parlament sitzt, lobt zwar die Kommission dafür, dass sie für mehr Steuertransparenz sorgen will. Der Vorschlag umfasse aber nicht die länderbezogene Transparenz, die das Europäische Parlament gefordert hat. "Die Steueroasen außerhalb der EU dürften sich ins Fäustchen lachen, wenn die Geschäfte in der EU transparent werden, aber außerhalb der EU alles im Dunkeln bleibt", sagt Giegold. Die EU-Kommission schade damit fairem Wettbewerb und müsse den Vorschlag dringend nachbessern.

Spätestens seitdem in der Öffentlichkeit verstärkt darüber diskutiert wird, wie internationale Unternehmen ihre Steuerlast auf fast null Prozent drücken können, ist die Politik unter Druck, dafür eine Lösung zu finden. Nach Schätzungen der EU-Kommission entgehen den europäischen Steuerbehörden durch die "aggressive Steuerplanung" der Konzerne jedes Jahr zwischen 50 und 70 Milliarden Euro.

Bisher sind viele der Informationen ein Geschäftsgeheimnis

Die nun vorgeschlagene Richtlinie für mehr Transparenz ist Teil einer größeren Initiative, auf die sich die G-20-Länder verständigt haben. Die Staaten wollen die Steuerflucht von Konzernen eindämmen und so mehr Geld einnehmen. Zur Debatte steht etwa auch, wie Konzerne sich selbst über Ländergrenzen Rechnungen stellen können - weil beispielsweise die Mutterfirma in den Niederlanden die Markenrechte hält und die deutschen Filialen dafür Gebühren zahlen müssen. Auf diesem Weg können Profite aus der Bundesrepublik in Steueroasen geschleust werden.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs müssen dem Vorschlag der Kommission noch zustimmen. Voraussichtlich wird eine Frage besonders strittig: ob die Konzerne die Daten veröffentlichen müssen. Bisher sind viele dieser Informationen Geschäftsgeheimnis. Sie zu enthüllen, könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigen, sagen die Kritiker des Plans. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich bereits gegen die Veröffentlichung der Berichte ausgesprochen.

Der nun vorliegende Entwurf geht allerdings hinter das zurück, was bereits für Banken 2015 eingeführt wurde. Sie müssen einen Finanzüberblick für alle sichtbar im Internet veröffentlichen - inklusive der Daten für die Caymans und andere Karibikinseln. Bleiben die Informationen der übrigen Konzerne aber geheim, fürchten Aktivisten, dass ein wichtiger Kontrollmechanismus fehlt.

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