Umwelt:Gift für die Bienen

Biene im Löwenzahn

Bienen sind sprichwörtlich fleißig.

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung will das Verbot schädlicher Pflanzenschutzmittel aufweichen. Imker sind empört.

Von Silvia Liebrich

Bienen liefern nicht nur Honig. Vor allem leisten sie wertvolle Dienste in der Landwirtschaft, quasi als kostenlose Bestäubungsmaschinen. Drei Viertel aller Nutz- und Nahrungspflanzen sind auf ihre Hilfe angewiesen, wenn der Ernteertrag stimmen soll. Doch die Bienenbestände sind bedroht. Das anhaltende Sterben der vergangenen Jahren bereitet nicht nur Imkern und Naturschützern Sorgen. Giftige Pestizide, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, gelten neben Krankheiten und Parasiten als Hauptursache dafür.

Besonders umstritten sind in diesem Zusammenhang Stoffe, die zur Gruppe der sogenannten Neonicotinoide gehören, deren Einsatz in Deutschland seit vergangenem Sommer nicht mehr erlaubt ist. Doch dieses Verbot will die Bundesregierung nun offenbar aufweichen. Das zeigt eine geplante Verordnung, deren Entwurf der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Das Papier aus dem Haus von Agrarminister Christian Schmidt (CSU) sieht Ausnahmen für den Einsatz der verbotenen Insektizide bei verschiedenen Getreidesorten vor, etwa Winterweizen, Winterroggen oder Wintergerste.

Dabei hatte Schmidt im vergangenen Sommer noch per Eilverordnung ein Einsatzverbot dieser Mittel verhängt. "Mit der Verordnung schützen wir die Bienen vor insektizidhaltigem Staub. Das nützt sowohl den Bienen als wichtigem Teil der Natur als auch den Bauern, die auf die Bestäubung ihrer Pflanzen durch die Bienen angewiesen sind", ließ der Minister im Juli mitteilen. Auch der Handel mit den Pflanzenschutzmitteln wurde untersagt, weil zu befürchten sei, dass aus anderen Ländern derart behandeltes Saatgut importiert werde, hieß es damals. Dieses Handelsverbot will der Minister aber nun offenbar aufweichen. Saatgut, das bis zu einem bestimmten Grenzwert mit dem Stoff behandelt ist, soll demnach wieder erlaubt sein.

Neonicotinoide werden unter anderem beim Beizen von Saatgut eingesetzt. Die Körner werden vor der Aussaat mit dem Insektengift behandelt. Damit sollen später beim Keimen mögliche Schädlinge abgehalten werden. Deren Nervensystem wird durch das Gift geschädigt. Die Mittel stehen auch im Verdacht, Vögeln zu schaden. Hergestellt werden sie etwa von Bayer und dem Schweizer Konzern Syngenta .

Bei Imkerverbänden und den Grünen im Bundestag stößt das Vorhaben auf vehemente Ablehnung. "Wir erwarten vom Landwirtschaftsministerium, dass der Verordnungsentwurf umgehend zurückgezogen wird", sagt Walter Haefeker vom deutschen Berufsimkerverband DBIB. Der Vorschlag ignoriere den Stand der Wissenschaft, der deutlich zeige, wie schädlich Neonicotinoide seien, kritisiert Haefeker. "Minister Schmidt riskiert mit dem Vorhaben fahrlässig den Schutz von Bestäubern", moniert Harald Ebner, Agrarexperte und Bundestagsabgeordneter der Grünen.

Während die Hersteller selbst andere Gründe für das Bienensterben verantwortlich machen - etwa Parasiten, die Krankheiten übertragen -, gibt es immer mehr wissenschaftliche Studien, in denen die umstrittenen Insektizide als eine der Hauptursachen genannt werden. Dazu gehört die Studie einer Forschergruppe der Universität Bern aus dem Jahr 2015. "Die Ergebnisse zeigen, dass diese Chemikalien Königinnen schädigen und dadurch für die Verluste von Bienenvölkern mitverantwortlich sein können", meint Geoffrey Williams, einer der Autoren der Studie.

In der EU ist der Einsatz der umstrittenen Mittel von 2013 an eingeschränkt

Die Risiken der Stoffe werden derzeit von der europäischen Lebensmittelbehörde Efsa neubewertet. Ein Ergebnis wird für 2017 erwartet. EU-weit ist die Verwendung der drei neonicotinoiden Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam seit 2013 stark eingeschränkt. Das sind jene drei Stoffe, für die das Agrarministerium eine Ausnahme machen will. Das Ministerium bestätigt, dass eine Vorlage in Arbeit sei, in der die Nutzung der Stoffe neu geregelt werden soll: "Der Verordnungsentwurf legt für Deutschland konkrete zusätzliche Risikominderungsmaßnahmen für den Einsatz von Getreidesaatgut fest, das außerhalb Deutschlands mit Neonicotinoiden behandelt wurde." Dies sei notwendig, weil die Eilverordnung vom vergangenen Sommer nur sechs Monate gültig sei. Die zunächst verbotenen Stoffe hält das Ministerium nun doch für vertretbar, solange bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden. Wissenschaftliche Daten des Julius-Kühn-Instituts hätten gezeigt, dass eine Gefährdung der Bienen dann ausgeschlossen werden könne, heißt es.

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