Schließung der Balkanroute:Deutlich weniger Flüchtlinge schaffen es nach Deutschland

Übergabe von Flüchtlings-Kinder-Leseboxen

Die dreijährige Maria versteckt sich hinter einem Bilderbuch. Die Aktion "Zusammen lesen - zusammen leben" soll Flüchtlingskindern den Start in ein neues Leben erleichtern.

(Foto: dpa)
  • Zwischen 18. und 23. März sind einem Medienbericht zufolge 808 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen - ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den ersten drei Monaten 2016.
  • Das liegt vor allem an der Schließung der Balkanroute - doch Flüchtlinge könnten auf alternative Wege nach Europa ausweichen.
  • Falls die Flüchtlingszahlen der ersten drei Monate konstant bleiben, kämen bis Jahresende knapp 500 000 Asylbewerber.

Die Schließung der Balkanroute zeigt Wirkung: In der vergangenen Woche sind deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland gekommen als im bisherigen Jahresdurchschnitt. Vom 18. bis 23. März habe die Bundespolizei insgesamt 808 Menschen an den deutschen Grenzen erfasst, berichtet die Bild-Zeitung. Das sind im Schnitt 135 Flüchtlinge pro Tag.

Das Blatt nennt dafür keine Quellen. Am Samstag waren weder die Bundespolizei noch die Staatsregierung von Oberbayern oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für eine Stellungnahme zu erreichen. Mitarbeiter der Stadt München und ehrenamtliche Helfer in Passau bestätigten aber, dass die Zahl der ankommenden Flüchtlinge spürbar gesunken sei. Die Regierung von Oberbayern weist den bayerischen Kommunen während der Osterferien deshalb keine neuen Asylbewerber zu.

Für 2015 gibt es keine verlässlichen Zahlen

Seit Jahresbeginn habe die Bundespolizei knapp 109 000 "Migranten" erfasst, schreibt die Bild-Zeitung weiter. Es ist unklar, ob damit lediglich Flüchtlinge oder alle Menschen gemeint sind, die nach Deutschland zuwandern. Migranten aus anderen EU-Staaten werden aber eigentlich nicht von der Bundespolizei gezählt. Dementsprechend dürfte sich die Angabe auf Menschen aus den Kriegs- und Krisengebieten in Afrika und dem Nahen Osten beziehen - die meist als Flüchtlinge und nicht als Migranten bezeichnet werden.

Falls die Flüchtlingszahlen in den verbleibenden neun Monaten ähnlich ausfallen wie im ersten Quartal des Jahres, kämen bis zum Jahresende eine knappe halbe Million Asylbewerber nach Deutschland. 2015 waren es Schätzungen zufolge etwa eine Million Menschen. Die genaue Zahl ist aber unklar, da viele Menschen doppelt registriert wurden oder in Länder wie Schweden weiterreisten, ohne dass die Statistik entsprechend bereinigt worden wäre.

Vermutlich werden sich die Flüchtlinge Ausweichrouten suchen

Genauso ungewiss ist, ob der Rückgang der Flüchtlingszahlen von Dauer ist. Bleibt die Balkanroute weiterhin dicht, könnten sich Flüchtlinge neue Wege suchen, etwa die lebensgefährliche Bootsfahrt über das Mittelmeer nach Italien. Auch aus Bulgarien sind bereits scharfe Töne zu hören. Regierungschef Boiko Borissow sagte, man sei vorbereitet, "bei Bedarf einen Grenzzaun zu errichten", um so Flüchtlinge abzuhalten, über Bulgarien nach Europa einzuwandern.

Mitte März hatte Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung für eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise geworben. Man dürfe sich nicht von den aktuell niedrigen Zahlen durch die faktische Sperrung der Balkanroute täuschen lassen. "Die momentane Erleichterung, die Deutschland und einige andere Mitgliedsstaaten jetzt spüren, die ist das eine", sagte Merkel. Die Lage in Griechenland sei das andere. Der Zustand dort dürfe nicht von Dauer sein. Entscheidend sei, die Zahl der Flüchtlinge nicht nur für einige, sondern für alle Mitgliedsstaaten zu reduzieren.

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