Interview in Al-Jazeera:Wie ein Journalist den saudischen UN-Botschafter in Erklärungsnot bringt

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Für Syrien fordert er Demokratie - in Saudi-Arabien aber darf das Königshaus nicht einmal kritisiert werden. Diesen Widerspruch kann Abdallah al-Muallimi nicht erklären.

Der britische Journalist Mehdi Hasan ist bekannt für seine Interviews auf Al-Jazeera. Sie sind geprägt von politischer Expertise und einer klaren Haltung. Immer wieder gelingt es Hasan, seine Interviewpartner durch Fragen an genau den Punkt zu bringen, an dem ihre Argumentation zusammenbricht. Jüngstes und besonders schlagendes Beispiel: sein Interview mit dem saudiarabischen UN-Botschafter Abdallah al-Muallimi.

Hasan befragt Muallimi in seiner Sendung "UpFront" über Saudi-Arabiens Position gegenüber dem Assad-Regime in Syrien: "Sie wollen also, dass Syrien eine gewählte Regierung bekommt?" Muallimi stimmt ihm in dieser Frage zu. Hasan bohrt nach: "Viele Menschen würden Ihnen zustimmen, dass Syrien demokratisch werden soll. Aber gleichzeitig fragen sich auch viele: Wieso soll Syrien demokratische Wahlen bekommen, aber Saudi-Arabien nicht?"

Eine berechtigte Frage, denn Saudi-Arabien wird beispielsweise von der Nichtregierungsorganisation Amnesty International immer wieder für die mangelhafte Situation der Menschenrechte in dem Land kritisiert. Dennoch ist Saudi-Arabien Mitglied im UN-Menschenrechtsrat.

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Die Frage ist dem saudiarabischen UN-Botschafter sichtlich unangenehm. Der Journalist solle doch die Menschen in Saudi-Arabien fragen, dann werde er schon merken, dass die gar keine Demokratie möchten. Hasan lässt sich damit aber nicht abspeisen: Wie solle man das denn erfahren, wenn es doch verboten sei, in Saudi-Arabien Kritik am Königshaus zu üben?

Muallimi kontert, entscheidend sei doch, ob die Bevölkerung mit dem eigenen politischen System zufrieden sei. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz - aber Hasan lässt sie noch ein paar Mal im Kreis laufen. Wie man das denn herausfinde, wenn man sie nicht darüber abstimmen lasse? Muallimis stockt und antwortet dann: Entscheidend sei eben die gegenseitige Akzeptanz von Regierten und Regierenden. Er fordere Demokratie für Syrien, gleichzeitig aber seien Wahlen "kein Allheilmittel", lautet seine finale Antwort. Und dabei bleibt er.

Das Interview ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass Saudi-Arabien in Syrien einen Stellvertreterkrieg führt. Die Regierung in Riad will den Sturz Assads und unterstützt die Aufständischen in Syrien mit Geld und Waffen - vor allem die Kämpfer der Islamischen Front, die einen islamischen syrischen Staat gründen wollen. Den sogenannten Islamischen Staat (IS) betrachtet sie allerdings als Gegner. Saudi-Arabien ist deshalb wie Jordanien, Katar und weitere arabische Staaten der Koalition der Amerikaner beigetreten und fliegt Angriffe auf Stellungen der IS-Milizen in Syrien.

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