DFB-Team in der Einzelkritik:Hummels fährt mit der Vespa dazwischen

Ein risikofreudiger Torwart, ein sehr routinierter Abwehrchef, und ein Toni Kroos, der in dieser Form einer für den FC Bayern wäre - die deutsche Mannschaft in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Philipp Selldorf und Christof Kneer

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Marc-Andre ter Stegen

Deutschland - Italien

Quelle: dpa

Stand im Zentrum eines schlauen taktischen Kniffs des Bundestrainers. Trug den grasgrünen Torwartpullover des magenverstimmten Manuel Neuer, was die Italiener erschrecken ließ. Die Nummer flog allerdings in der 20. Minute auf, als ter Stegen einen Gegner anschoss, was Neuer nicht mal mit Magenverstimmung passiert wäre. Erhielt nach dem nächsten Harakiri-Kunststück eine Sonderlektion durch den eigens nach hinten geeilten Kapitän Thomas Müller. Das hinderte ter Stegen aber nicht daran, weitere Ich-bin-so-cool-wie-Neuer-Aktionen zu riskieren - was das Spiel aber nicht beschleunigte, sondern Gefahr fürs eigene Tor brachte. Eine echte Torwartparade enthielten ihm die Italiener vor. Immerhin auffälliger als Trapp, Leno, Zieler, Fährmann, Horn, Karius und Toni Schumacher, die nicht mitspielten -, aber ob das an diesem Abend ein Vorteil war?

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Antonio Rüdiger

-

Quelle: AP

Begann mit zwei Fehlern, die einem bei einer EM besser nicht unterlaufen sollten. Verursachte nach zwei Minuten einen Freistoß, den man freundlich mit "unnötig" umschreiben könnte. Eine Minute später hätte er bei einem Klärungsversuch beinahe Thomas Müller am Kopf verwundet, was ebenfalls unnötig gewesen wäre. Liberales Positionsverständnis: Mal in Mittelstürmerposition, mal Rechtsaußen. Unterhält ein eher unfreundschaftliches Verhältnis zum Ball. Spielte anschließend auf Nummer sicher.

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Shkodran Mustafi

Deutschland - Italien

Quelle: dpa

Während der WM im deutschen Fußballpublikum durchaus umstritten. Inzwischen beschwert sich niemand mehr. Anerkanntes ständiges Ensemblemitglied. Ein 23 Jahre alter Abwehrveteran. Könnte der neue Mertesacker werden, spätestens 2022 in Katar.

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Mats Hummels

Deutschland - Italien

Quelle: dpa

Erhabener Abwehrchef. Steht stolz im Zentrum wie Michelangelos David auf dem Domplatz von Florenz. Sollte vielleicht lieber nach Italien statt nach England wechseln. Würde auch auf einer Vespa vor der Eisdiele eine gute Figur abgeben. Empfing mit stoischer Würde die verdiente gelbe Karte, nachdem er Bernardeschi mit seiner Vespa in die Seite gefahren war. Fängt an, aus Routine eine Kunstform zu entwickeln.

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Sebastian Rudy

Deutschland - Italien

Quelle: dpa

Wird meistens vergessen, wenn man versucht, die deutschen Nationalspieler aufzuzählen, was nicht immer gerecht ist. Hatte zu Beginn einige hübsche Szenen im rechten Mittelfeld, technisch fein. Machte sich danach ein wenig dünn, was ihm nicht übel zu nehmen ist. Als er wieder auftauchte, gab es Elfmeter, und zwar für Deutschland.

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Jonas Hector

-

Quelle: AFP

Der Stammspieler schlechthin in der DFB-Auswahl, kein Nationalspieler hatte zuletzt mehr Einsatzzeiten. Am Dienstagabend fragte man sich anfangs allerdings manchmal, warum. Positionstreu und fleißig auf dem linken Flügel unterwegs. Solide, könnte man sagen, was aber nicht immer ein Kompliment darstellt. Steigerte sich und machte dann ein sehr solides Tor, weil er plötzlich nicht sehr positionstreu im Strafraum auftauchte.

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Toni Kroos

Deutschland - Italien

Quelle: dpa

Ob den Bayern-Bossen gefallen hat, was sie da in ihrer eigenen, stolz abbezahlten Arena gesehen haben? Sie sahen einen stolzen, seriösen, durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Führungsspieler, der allerdings für Real Madrid spielt. Ein fast kompletter Fußballspieler, der bisher schon alles konnte, außer Tore schießen. Hat jetzt gegen England und Italien getroffen. Wäre mal einer für Bayern.

8 / 12

Mesut Özil

Deutschland - Italien

Quelle: dpa

Bewegte sich still und heimlich, aber wirkungsvoll in der Mittelfeldzentrale. Ein diskreter Kreativdirektor. Lenkte die Offensive mit kleinen, feinen Pässen und Hackentricks, die ihm keine Anstrengung abverlangten. Lässt den Ball das Tempo machen, während er Kräfte spart. Vorteil: Kann dann ausgeruht Elfmeter schießen.

9 / 12

Thomas Müller

Deutschland - Italien

Quelle: dpa

Durfte als Kapitän auflaufen, wahrscheinlich erstmals seit den Jugendtagen in Pähl. Und was soll man sagen: Er haute sich gleich mal rein wie ein Kapitän, verteilte sogar Bälle, was er wohl auch in Jugendtagen letztmals gemacht hat. Rückte von rechts außen immer wieder in die Mitte, dahin, wo ein echter Kapitän halt manchmal aufzutauchen hat. Die rechte Flanke besetzte dann Sebastian Rudy, der vielleicht in Hoffenheim in der Mitte rumturnen darf, aber natürlich nicht beim DFB, wo er kein Kapitän ist. Bereitete das 1:0 vor und ließ kurz darauf aus der Distanz einen Fernschuss los. Das macht er normal nie, außer halt, wenn er Kapitän ist. Diesmal nicht so schrullig wie sonst, sondern geradezu reif.

10 / 12

Julian Draxler

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Quelle: AFP

Hat in Wolfsburg inzwischen begonnen, sich unentbehrlich zu machen, versucht das jetzt auch in der Nationalmannschaft. Reihte sich sehr anständig ein in das Kombinationsspiel der Hinter- und Nebenmänner Kroos und Özil. Nicht ganz so markant und prägend, aber technisch durchaus auf der Höhe seiner Nachbarn und gelegentlich eindrucksvoll wie bei der Vorbereitung des 3:0. Will das Versprechen, das er seit Jahren ist, endlich einlösen. Hat dabei - versprochen! - einen guten Anfang gemacht.

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Mario Götze

Deutschland - Italien

Quelle: Sven Hoppe/dpa

Als verkappte Sturmspitze im Vergleich zu seinem Vorgänger Mario Gomez eine etwas andere Erscheinung. Kann das Spiel mit kleinen Ballberührungen schnell machen. Was er allerdings auch kann: Kopfballtore schießen wie Mario Gomez. Wobei: Gomez wäre zu groß gewesen für das 2:0. Die schlechte Nachricht: Darf nicht mal bei Löw 90 Minuten spielen. Wurde bei seiner Auswechslung aber vom Münchner Publikum bejubelt und vom Bundestrainer ausdrücklich beklatscht.

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Der Rest

Nationalmannschaft-Training

Quelle: dpa

Marco Reus, Emre Can, Matthias Ginter. Kevin Volland, Christoph Kramer: Kamen später ins Spiel und können ihren Kindern und Kindeskindern von einem historischen Erfolg gegen den furchterregenden Angstgegner Italien erzählen.

© SZ vom 30.3.2016/jbe
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