Zeitgeschichte:Staatsakt für Genscher

Der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher wird mit einer staatlichen Trauerfeier beigesetzt, darauf hat sich die Regierung nun verständigt. Ort und Zeit der Zeremonie sind aber noch offen.

Von Stefan Braun, Berlin

Für den verstorbenen früheren Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher wird es einen sogenannten Trauerstaatsakt geben. Darauf verständigten sich am Wochenende der Bundespräsident und die Bundesregierung. Noch offen ist bislang, wann und wo der Staatsakt stattfinden wird. Bundespräsident Joachim Gauck und zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung, unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel, waren am Samstag bei einer Trauerfeier für den ebenfalls vor wenigen Tagen verstorbenen früheren Außenminister Guido Westerwelle zusammengekommen. Das hatte die Absprache untereinander erleichtert. Formal entscheidet der Bundespräsident darüber, aber das geschieht zumeist in Abstimmung mit der Regierung. Für die Durchführung wird das Bundesinnenministerium zuständig sein.

Für Minister gibt es nur selten eine staatliche Trauerfeier - die letzte war im Jahr 2000

In der Vergangenheit hat es für verstorbene Minister nur selten einen solchen Staatsakt gegeben, zuletzt für den früheren Landwirtschaftsminister Josef Ertl im November 2000. Im Grundsatz wird diese Form der staatlichen Trauer nur bei ehemaligen Bundespräsidenten, Bundeskanzlern und Bundestagspräsidenten eingesetzt. Dies hatte die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder in ihrer ersten Legislaturperiode durch einen Beschluss noch mal untermauert. Gleichwohl war allen klar, dass es für herausragende Minister, die die Geschicke und Geschichte des Landes in außergewöhnlicher Weise mit geprägt haben, Ausnahmen geben würde. Das gelte in besonderem Maße für Hans-Dietrich Genscher, ist aus Berliner Regierungskreisen zu hören. Das erklärt auch, warum die Todesfälle von Genscher und Westerwelle unterschiedlich gehandhabt werden. Bei Westerwelle verzichtete Berlin auf einen formalen staatlichen Trauerakt. Gleichwohl waren bei der Trauerfeier für Westerwelle am Samstag zahlreiche Repräsentanten der Staatsspitze zugegen.

Beim Staatsakt für Genscher dürfte das ähnlich sein, verbunden mit offiziellen Würdigungen durch Vertreter der obersten Verfassungsorgane. Dabei trägt der Bund alle Kosten, organisiert die Veranstaltung, kümmert sich auch um Musik, und zum Abschluss wird die Nationalhymne erklingen. Hinzu kommen können eine bundesweite Trauerbeflaggung oder auch eine Trauerzeremonie durch die Bundeswehr. Zuletzt gab es zwei solcher Staatsakte im Jahr 2015 zu Ehren des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt und des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker.

Anders als viele andere Staaten auf der Welt kennt die Bundesrepublik die Staatstrauer nicht. Anderswo kommt dann für mehrere Tage das öffentliche Leben zum Erliegen, Feste werden abgesagt, Geschäfte geschlossen. In Frankreich gab es das zuletzt nach den Terroranschlägen im November. Dass es so etwas in Deutschland nicht gibt, hängt auch mit der föderalen Struktur der Bundesrepublik zusammen. Sie würde es dem Bund schwer machen, den Ländern eine solche Form der Trauer zu verordnen.

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