Airbnb:Wir oder die

In vielen Großstädten regt sich längst Protest gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen, die über Internetplattformen vermietet werden. Hotelkonzerne gehen jetzt in die Offensive: Sie kaufen Online-Anbieter auf.

Von Hans Gasser

Ob Berlin, San Francisco oder Paris - alle großen Tourismusstädte versuchen, die Internet-Vermittlung von Privatunterkünften an Urlauber oder Geschäftsreisende einzudämmen. Der Erfolg von Plattformen wie Airbnb, Wimdu oder 9flats bringt die Stadtverantwortlichen in Zugzwang: Je mehr Wohnungen ausschließlich an Feriengäste vermietet werden, desto weniger stehen ganz gewöhnlichen Bewohnern offen. Der Wohnraum schrumpft, die Mietpreise steigen.

Das wollen die Städte verhindern, indem sie die Privatvermietung stärker reglementieren. Vom 1. Mai an dürfen in Berlin Ferienwohnungen nur noch mit Genehmigung durch das Bezirksamt vermietet werden, alles andere gilt als illegal und kann mit bis zu 100 000 Euro bestraft werden. Bisher haben sich nur 6000 von rund 23 000 Berliner Anbietern registriert.

Im Trend sind Wohnungen mit Wäscheservice, Vorräten und Freizeittipps

Deutschlandweit sollen laut einer Untersuchung des Immobilien-Unternehmens GBI pro Jahr 14,5 Millionen Übernachtungen Airbnb und ähnlichen Online-Portalen vermittelt werden, der Großteil davon in Berlin, München, Hamburg und Köln. Nimmt man nur die Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern, so gehen knapp zehn Prozent aller kommerziellen Übernachtungen dort auf das Konto dieser Online-Portale. Dagegen regt sich auch bei den Hotelverbänden Widerstand. Dies sei eine "Schatten- und keine Sharing-Wirtschaft", wetterte der Vorsitzende des Hotelverbandes Deutschland (IHA), Fritz Dreesen. Im Unterschied zur stark reglementierten Hotelbranche scherten sich die Privatanbieter oft nicht um Verbraucherschutz, Anwohner oder Steuern. Deshalb fordert der IHA eine Registrierungspflicht für solche kommerziellen Anbieter in ganz Deutschland. Gleichwohl läuft es für die deutsche Hotelbranche so gut wie lange nicht: Laut IHA zählten die deutschen Hotels und Pensionen im vergangenen Jahr 272 Millionen Übernachtungen, das sind 3,4 Prozent mehr als 2014. Auch für das laufende Jahr erwarte man rund zwei Prozent mehr.

Während die Verbände lamentieren, sind die großen Hotelkonzerne längst einen Schritt weiter. So hat etwa Accor - mit Marken wie Mercure, Ibis und Novotel Hotel-Marktführer in Europa -, vor Kurzem für knapp 150 Millionen Euro den Online-Anbieter Onefinestay gekauft. Der bietet Wohnungen der Luxusklasse samt einer Art Hotelservice an: Der Kühlschrank wird befüllt, es gibt einen Wäscheservice und Freizeittipps, Mitarbeiter sind 24 Stunden erreichbar. Die Plattform mit bisher 2600 Wohnungen soll nun mit hohen Investitionen auf mehr als 40 Städte erweitert werden. Man wolle "relevant für die Kunden bleiben", begründete Accor-Vize-Chef Vivek Badrinath den Zukauf. Auch der Reiseveranstalter Tui mischt mit. Auf der Website Tuivillas.com vermittelt er seit einigen Wochen auch private Wohnungen.

Wer im Tauziehen zwischen Wirtschaftsinteressen und Schutz der Stadtbevölkerung vor dem Wohnungsausverkauf die Oberhand gewinnt, ist noch offen. In Paris müssen nun auch Mieter von Airbnb eine Fremdenverkehrsabgabe zahlen, so wie Hotelgäste. Wohnungseigentümer dürfen generell über Onlineportale vermieten, tun sie dies aber mehr als vier Monate pro Jahr, brauchen sie eine Genehmigung. In San Francisco darf ein Anbieter nicht mehr als eine Wohnung vermieten, und das auch nur, wenn er sie 275 Tage im Jahr selbst bewohnt. Das rigorose Berliner Gesetz hingegen verlangt eine Genehmigung auch von Eigentümern, die nur während ihres eigenen Urlaubs vermieten wollen.

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