Gleichberechtigung:Weg mit dem Krönchen

Gleichberechtigung: Emoijs sollten keine Klischees bedienen.

Emoijs sollten keine Klischees bedienen.

Nur Prinzessin und Braut reicht nicht. Weibliche Emojis sollten auch Berufe ausüben und Sport treiben dürfen.

Von Sara Weber

Wenn kleine Mädchen von ihrer Zukunft träumen, haben viele nur eine Vision: Sie wollen Prinzessin werden, wenn sie groß sind. Normalerweise schleift sich das ziemlich schnell ab und die Zukunftswünsche werden dann realistischer: Lehrerin, Ärztin, Köchin, Psychologin, Polizistin, Bankberaterin, Astronautin, Unternehmerin. Eine Krone wird höchstens noch an Fasching aufgesetzt - und das reicht auch.

Das Emoji-Frauenbild: Krönchen und rosa Pulli

Aber diese Realität scheint noch nicht bei allen angekommen zu sein. Zumindest nicht beim Unicode-Konsortium, also den Männern und Frauen, die entscheiden, welche Emojis auf Smartphones, Computern und damit in unserer täglichen Kommunikation existieren. Denn die weiblichen Gesichter, die dort auftauchen, scheinen noch immer in einer Fantasiewelt gefangen zu sein: Es gibt eine Prinzessin, eine Braut, eine Tänzerin im roten Kleid, zwei tanzende Frauen mit Hasenohren.

Es gibt eine Frau, die am Informationsschalter arbeitet (oder sich ihre Haare richtet, statt sich für ihre Umwelt zu interessieren, je nach Auslegung), eine, die sich das Gesicht massieren lässt und eine, der gerade ihre Haare geschnitten werden. Sie tragen übrigens alle rosa - sehr realistisch wirken sie nicht.

Das Emoji-Männerbild: Echte Berufe und Sport

Emoji-Männer hingegen sind Polizisten, Bauarbeiter, Wachmänner, Detektive, Weihnachtsmänner. Sie haben richtige Berufe. Sie schwimmen, fahren Fahrrad, reiten, snowboarden. Und ein Mann im Anzug darf seit dem letzten Update sogar über dem Boden schweben! Wie unfair ist das denn bitte?

"Wie viel Gleichberechtigung brauchen wir noch?" Diese Frage hat unsere Leser in der elften Runde des Projekts Die Recherche am meisten interessiert. Dieser Beitrag ist Teil eines Dossiers, das sie beantworten soll. Alle Texte zur aktuellen Recherche finden Sie hier. Mehr zum Projekt finden Sie hier.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Frauen - zumindest theoretisch - gleichberechtigt sind und fast alle denkbaren Berufe und Hobbies genauso ausüben wie Männer. Doch in der digitalen Sprache spiegelt sich diese Realität nicht wider. Aber das sind doch nur irgendwelche Zeichen, könnte man jetzt einwenden, völlig unbedeutend. Ja, das wären sie, wenn Emojis nicht zu einem wichtigen Teil der Kommunikation geworden wären. Das Wort des Jahres 2015 in Großbritannien: das Freudentränen-Emoji.

Dabei sind Emojis wichtiger Teil unserer Kommunikation

Dieses Bedeutungswachstum liegt auch daran, dass wir heute seltener von Angesicht zu Angesicht miteinander sprechen. Deshalb braucht es neue Wege, um Gefühle und Situationen zu beschreiben. Diesen Zweck erfüllen Emojis. Sie sagen: Ich meine das ironisch. Ich mache nur einen Witz. Aber auch: Ich tanze gerade. Mir ist das egal. Euphorie! Sarkasmus! Schau mal, ein Einhorn!

Außerdem verbinden Emojis. In Freundeskreisen setzen sich bestimmte Bedeutungen für bestimmte Zeichen durch, Emojis werden zu Insiderwitzen. Und vor allem jüngere Menschen verlassen sich beim Whatsappen und Facebooken völlig auf die kleinen Gesichter. Aber wollen wir tatsächlich, dass sie dabei auf Rollenklischees stoßen, die wir eigentlich seit Jahrzehnten ablegen wollen? Nein, das wollen wir nicht. Und deshalb muss sich etwas ändern!

Eine Kampagne für bessere Mädchen-Emojis

Die Marke Always, die Binden und Slipeinlagen herstellt, hat sogar eine Kampagne für mehr Emoji-Gleichberechtigung gestartet. Unter dem Hashtag #WieEinMädchen (oder in den USA: #LikeAGirl) sollen junge Frauen bessere Mädchen-Emojis erfinden. Einige der Vorschläge: ein weiblicher Wrestler, eine Geschäftsfrau, eine Schlagzeugerin, eine Rechtsanwältin und ein "Super Badass Girl", mit Sonnenbrille und ganz in schwarz gekleidet.

Doch bis diese Emojis Realität werden, dürfte es noch dauern. Immerhin: Wenn das Unicode-Konsortium das nächste Mal über neue Emojis entscheidet, könnte ein klein wenig Gleichberechtigung einkehren. Möglicherweise kommen im Juni ein tanzender Mann, ein Prinz, ein Bräutigam, eine Weihnachtsfrau und eine schwangere Frau dazu. Doch Berufe haben Frauen dann noch immer nicht. Und Sport? Bleibt außen vor.

Warum können wir das Geschlecht unserer Emojis nicht selbst bestimmen?

Dabei könnte Unicode diese Lücke beheben, indem es Emojis vom Nutzer mitgestalten lässt. Und zwar so, wie es das Konsortium schon einmal getan hat: Seit 2015 lässt sich für die meisten Personen-Emojis zusätzlich zum neutralen Smiley-Gelb eine von fünf Hautfarben wählen, von ganz hell bis dunkelbraun. Eine Mann-Frau-Option würde unsere digitale Kommunikation noch mehr der Realität angleichen.

Scheinbar wird auch schon über eine mögliche Umsetzung dieser Idee nachgedacht. Und dann hätten wir endlich auch eine Frau im schicken Business-Kostüm, die über dem Boden schwebt.

"Wie viel Gleichberechtigung brauchen wir noch?" Diese Frage hat unsere Leser in der achten Runde unseres Projekts Die Recherche am meisten interessiert. Das folgende Dossier soll sie beantworten.

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