Schwarzarbeit:Wie aus der heimlichen eine legale Haushaltshilfe wird

Studie: Putzfrauen zahlen Millionen in die Sozialkassen

95 Prozent der Deutschen, die daheim eine Putzhilfe beschäftigen, lassen sie illegal arbeiten, schätzt das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln.

(Foto: Ralf Hirschberger/dpa)
  • In etwa 4,3 Millionen deutschen Haushalten ist eine Putzhilfe beschäftigt, die illegal arbeitet.
  • Die meisten wollen so Geld sparen - dabei ist eine offizielle Putzkraft meist billiger - und auch die Angestellten profitieren.

Von Berrit Gräber

Die Nachbarn tun es, die Verwandten tun es und die meisten Freunde tun es auch: 95 Prozent der Deutschen, die daheim eine Putzhilfe beschäftigen, lassen sie illegal arbeiten, schätzt das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. In etwa 4,3 Millionen deutschen Privathaushalten regiert die Schwarzarbeit. Kaum einer der heimlichen Arbeitgeber denkt sich was dabei, schließlich machen es ja alle. Das Meinungsforschungsinstitut TNS-Emnid hat nachgefragt, warum so viele Bürger eigentlich schwarz putzen lassen: Sie möchten Geld sparen, sei das Hauptargument. Doch dank des Steuervorteils ist eine offizielle Putzkraft meist billiger, und auch die Angestellten profitieren.

Was gilt rechtlich?

Wer jemanden privat illegal beschäftigt, kann mit bis zu 5000 Euro Geldbuße bestraft werden, je nachdem, um wie viel Abgaben er sich gedrückt hat. "Wer schwarz arbeiten lässt, handelt unsozial, das ist kein Kavaliersdelikt", sagt Thomas Meister, Sprecher des Hauptzollamts München. Doch Privathaushalte werden in der Regel nicht kontrolliert. Dabei ist die legale Beschäftigung unkompliziert: Seit einigen Jahren dürfen Bürger aus osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten wie Polen, Estland, Lettland, Slowenien, Tschechien oder Rumänien auf dem deutschen Arbeitsmarkt ohne Beschränkung Geld verdienen. Eine Putzhilfe aus diesen Ländern braucht also keine Arbeitserlaubnis, um offiziell als Mini-Jobber zu arbeiten. Jeder könnte seine Zugehfrau problemlos legalisieren, wenn er wollte.

Wie legalisiert man die Beschäftigung?

All die, die ihre Putzhilfe, den Babysitter oder Gärtner daheim nicht mehr schwarz beschäftigen wollen, müssen keinerlei Nachteile oder gar Strafen befürchten - weder für sich noch für die Haushaltskraft. "Beim Anmelden wird nicht gefragt, ob man die Hilfe aus Polen neu oder schon seit zehn Jahren beschäftigt", sagt Christian Schirk, Teamleiter der Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) in Essen. Auch der bürokratische Aufwand hält sich in Grenzen. Zunächst kann man sich im Internet unter www.minijob-zentrale.de informieren, das Anmeldeformular herunterladen und zusammen mit der Putzhilfe ausfüllen. Beide müssen unterschreiben, alles Weitere übernimmt die Minijob-Zentrale.

Wie errechnet man die Steuerersparnis?

Noch vor der Anmeldung lässt sich die eigene Belastung online in wenigen Schritten selbst ausrechnen, auch das bietet www.minijob-zentrale.de unter dem Punkt "Haushaltsscheck-Rechner". Der ehrliche Arbeitgeber spart unterm Strich dann, wenn die Steuerersparnis größer ausfällt als die gezahlten Abgaben. Wer monatlich bis zu 284 Euro an seine Mini-Jobberin zahlt, fährt mit dem sauberen Beschäftigungsweg auf jeden Fall finanziell besser. Rein steuerlich betrachtet ist der staatliche "Lohnzuschuss" bei 190 Euro am höchsten. Oft haben es private Arbeitgeber aber schwer, die Putzhilfe von der Legalisierung zu überzeugen.

So funktioniert die legale Berechnung im Detail

Welche Vorteile hat die Putzhilfe?

Verdient sie in ihrem Job nicht mehr als 450 Euro im Monat, muss sie auch als angemeldete Haushaltshilfe keine Abgaben zahlen. Sie bekommt ihr Geld weiter brutto für netto. Trotzdem hat sie Vorteile wie den Anspruch auf bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit. Bekommt sie etwa eine Grippe, erstattet die Knappschaft dem Arbeitgeber 80 Prozent des weiter gezahlten Lohns. Bei Schwangerschaft sogar 100 Prozent. Die Putzhilfe ist außerdem bei Arbeitsunfällen versichert. Stürzt sie während der Arbeit, übernimmt die Unfallkasse die Kosten für die ambulante oder stationäre Behandlung bis hin zu einer lebenslangen Unfallrente. Hinzu kommen kleine Ansprüche auf eine gesetzliche Rente.

Was müssen Arbeitgeber übernehmen?

Zusätzlich zum Lohn zahlt er Pauschalabgaben für Steuern und Sozialversicherung in Höhe von maximal 14,9 Prozent. Dazu gehören jeweils fünf Prozent für Kranken- und Rentenversicherung, zwei Prozent Pauschalsteuer für die Finanzbehörden, 1,6 Prozent für die gesetzliche Unfallversicherung, ein Prozent für die Lohnfortzahlung oder auch 0,3 Prozent für den Mutterschutz. Die Fünf-Prozent-Pauschale für die Krankenversicherung kann wegfallen, wenn der Minijobber nicht in Deutschland gesetzlich krankenversichert ist.

300 000 Haushaltshilfen

Die Bereitschaft, eine Putzfrau zu legalisieren, nimmt bundesweit zu. Ende 2015 waren knapp 300 000 Menschen, die in privaten Haushalten beschäftigt waren, offiziell bei der Minijob-Zentrale gemeldet. Das sind 4,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zum Vergleich: Im Jahr 2003 waren etwa 50 000 Beschäftigungsverhältnisse gemeldet. Schätzungsweise vier Millionen Menschen arbeiten nach wie vor schwarz in deutschen Haushalten.

Wie fördert der Staat die Legalisierung?

Für alle Steuerzahler gilt: 20 Prozent der Ausgaben für den Minijobber lassen sich direkt von der Einkommensteuer abziehen, bis zu 510 Euro pro Jahr. Wegen des Steuervorteils über die haushaltsnahen Dienstleistungen ist der saubere Weg für die meisten Bürger deshalb meist auch noch der attraktivere.

Wie wird genau gerechnet?

Ein Beispiel: Die Haushaltshilfe kommt einmal pro Woche in die Wohnung für drei Stunden Arbeit à 12 Euro Lohn. Das macht im Monat 144 Euro. Arbeitet sie legal, muss der Arbeitgeber zunächst 14,25 Euro zusätzlich an Abgaben zahlen. Bei der Einkommensteuer im darauffolgenden Jahr darf der Arbeitgeber aber 20 Prozent dieser Aufwendungen abziehen, das entspricht monatlich 31,65 Euro. Damit bleibt unterm Strich ein Plus von gut 17 Euro monatlich, wenn die Haushaltshilfe offiziell statt schwarz arbeitet. Der Arbeitgeber darf sie natürlich weiter in bar bezahlen, eine Überweisung muss nicht sein.

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