Oxfam klagt an:Mord in Honduras

Hydropower Component Manufacture At Voith GmbH As German Engineering Company Seeks Growth In Africa

Drei solcher Turbinen sollen für ein Wasserkraftwerk in Honduras gebaut werden - doch es regt sich Protest.

(Foto: Bloomberg)

Die Organisation wirft Voith und Siemens Mitschuld an Menschenrechtsverletzungen vor.

Von Christoph Giesen

Diese Anschuldigungen haben es in sich: "Siemens und Voith tragen Mitschuld an Menschenrechtsverletzungen", schreibt die Hilfs- und Entwicklungsorganisationen Oxfam in einem umfangreichen Dossier, das am Dienstag veröffentlicht wird und der SZ vorliegt. Beide Unternehmen sind gemeinsam am Wasserkraftwerksausrüster Voith Hydro beteiligt. Voith hält 65 Prozent der Anteile, Siemens 35 Prozent. Oxfam wirft Voith Hydro nun vor, zumindest indirekt eine Mitverantwortung an der Ermordung von Aktivisten in Honduras zu tragen.

Im Kern geht es um das geplante Wasserkraftwerk Agua Zarca, das derzeit im Nordwesten des mittelamerikanischen Staates gebaut wird. Voith Hydro liefert dafür drei sogenannte Francis-Turbinen mit einer Gesamtleistung von 22 Megawatt sowie die dazugehörigen Generatoren und die notwendige Automatisierungstechnik. Das Auftragsvolumen beläuft sich nach Angaben des Unternehmens auf etwa acht Millionen Euro.

Gegen dieses Projekt gibt es seit Jahren Widerstand, weil der Fluss Gualcarque, an dem das Kraftwerk errichtet wird, unter der indigenen Bevölkerung als heilig gilt. Die Kraftwerksgegner werfen der künftigen Betreiberfirma Desarrollos Energéticos (Desa) vor, die notwendigen Einverständniserklärungen der Ureinwohner gefälscht zu haben.

Zunächst hatte das chinesische Staatsunternehmen Sinohydro den Auftrag bekommen, das Wasserkraftwerk zu bauen. Nachdem jedoch im Juli 2013 bei Protesten ein Demonstrant von einem Soldaten erschossen worden war, zogen sich die Chinesen zurück, zudem kündigte die Weltbank ihre Finanzierungszusagen. Infolgedessen suchte die Desa nach europäischen Partnern und engagierte Voith Hydro.

Vor wenigen Wochen dann eskalierte der Konflikt. Anfang März wurde Berta Cáceres, eine Wortführerin des Protests, ermordet. Sie hatte sich mit ihrer Organisation COPINH gegen den Bau eingesetzt. Voith schrieb damals per Pressemitteilung: "Voith ist betroffen von den Nachrichten aus Honduras und bedauert zutiefst die Ermordung von Berta Cáceres." Eine Woche später die nächste Pressemitteilung und wieder kondolierte das Unternehmen: "Voith ist tief betroffen von der Nachricht, dass mit Nelson García ein weiteres Mitglied der COPINH in Honduras getötet wurde." Zwei Tote binnen einer Woche und beide erschossen. Die Aktivisten am Ort glauben, dass die Desa hinter den Morden steckt. Einen Auftragskiller in Honduras zu finden, gilt als relativ einfach. Das Land hat die höchste Mordrate der Welt.

Ob ein Zusammenhang zwischen Cáceres Engagement und ihrer Ermordung bestehe, sei noch unklar, sagt hingegen ein Voith-Sprecher. "Wir rufen die honduranischen Behörden auf, alles zu unternehmen, um dieses Verbrechen lückenlos aufzuklären und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen." Sollte sich herausstellen, dass die beiden Morde im Zusammenhang mit dem Projekt stehen, werde sich Voith zurückziehen. Zunächst müsse man aber die Ermittlungsergebnisse abwarten. Das Problem dabei: Die Aufklärungsquote von Kapitalverbrechen ist in Honduras verschwindend gering.

Ein Siemens-Sprecher teilt dazu mit, dass der Konzern lediglich den Minderheitsanteil an Voith Hydro halte und keinen direkten Einfluss auf die Entscheidungen des Gemeinschaftsunternehmens habe. "Voith Hydro wird von uns als reine Finanzbeteiligung bilanziert. Wir stehen jedoch in engem Kontakt mit Voith und beobachten die Lage sehr genau. Gemeinsam verurteilen wir jegliche Form von Gewalt", so der Sprecher.

Ein Argument, das man bei Oxfam nicht zählen lässt: "Das sind billige Ausflüchte. Siemens und Voith verhalten sich wie Pontius Pilatus, der seine Hände bekanntlich auch in Unschuld waschen wollte. Das ist fahrlässiges Risikomanagement in punkto Menschenrechte und hat leider Methode", kritisiert Marita Wiggerthale, Landrechtsspezialistin bei Oxfam und Autorin des Dossiers.

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