Neue Regeln fürs Glücksspiel:Wettstreit

Sportwetten

Alltag, aber illegal: In Deutschland gibt es etwa 4500 Wettbüros.

(Foto: Günther Reger)

Die Länder diskutieren über eine Reform des Glücksspiels: Sollen Sportwetten erlaubt sein? Hessen will das unbedingt verhindern.

Von Jan Willmroth

Wenn der FC Bayern am Samstag in München zum letzten Spieltag der Saison gegen die Absteiger aus Hannover antritt, wird Tipico stets mit dabei sein: auf Werbeplakaten am U-Bahn-Gleis, den Banden in der Allianz-Arena, den Bildschirmen in den Gängen zur Tribüne. Dafür kassiert der Verein viel Geld, und andere werden jetzt sehr viel Geld für Tipico ausgeben. Deutschlands größter Wettanbieter gehört bald mehrheitlich dem Finanzinvestor CVC. Der bewertet die Firma mit bemerkenswerten 1,4 Milliarden Euro.

Die Summe verdeutlicht, wie viel sich Investoren von diesem Markt versprechen: Wetten auf Bundesligaspiele, Rugby in Südafrika oder Cricket in Indien. Zwischen fünf und acht Milliarden Euro setzen Menschen in Deutschland pro Jahr für diese grenzenlosen Wetten aufs Spiel.

Noch ist das größtenteils nicht erlaubt. Am heutigen Donnerstag treffen sich die Chefs der Staatskanzleien der Bundesländer in Berlin, auf ihren Konferenztischen werden dann auch Papiere liegen, in denen es um die engen Grenzen geht, die das Gesetz den Sportwetten bislang setzt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung steht den Ländern ein handfester Streit bevor. Eine Mehrheit der Landesregierungen will die Glücksspielgesetze "minimalinvasiv" umschreiben, um Sportwetten doch noch in begrenztem Umfang zu erlauben. Hessen hat Widerstand dagegen angekündigt und droht mit einem Alleingang.

Glücksspiel ist weitgehend Ländersache. Damit nicht jeder seine eigenen Regeln macht, haben sich sämtliche Landesregierungen einem Staatsvertrag angeschlossen. Darin steht, dass von 2012 an 20 private Wettanbieter eine Lizenz erhalten sollen. Wetten bei Unternehmen wie Tipico wären damit offiziell legal. Für die Erlaubnisvergabe war Hessen zuständig, gegen das Verfahren klagten abgelehnte Bewerber. Gerichte kritisierten die dilettantische Vergabe mehrfach scharf; zuletzt gewann Tipico in einem Hauptverfahren gegen die hessische Verwaltung. Fast vier Jahre nach Inkrafttreten der aktuellen Glücksspielparagrafen bewegen sich die meisten Anbieter noch immer in einem Graubereich, viele weitere auf dem Schwarzmarkt. Nach Daten des Bundesfinanzministeriums zahlen inzwischen 79 Anbieter in Deutschland Wettsteuern.

Trotz rechtlicher Bedenken versuchen die Länder das Verfahren jetzt zu retten, indem sie die Zahl der Konzessionen auf 40 verdoppeln und 35 bisherigen Bewerbern vorläufige Erlaubnisse erteilen. So steht es in einer internen Beschlussvorlage. Derzufolge sollen sich die Ministerpräsidenten im Juni mit den Änderungen am Gesetz befassen und sie im Oktober verabschieden. Erst im Juli 2017 sollen die Neuregelungen gelten. Die Regulierung des Sportwettenmarktes, heißt es in den Dokumenten, werde damit "vorläufig abgeschlossen".

Das ist unwahrscheinlich. Vor zwei Tagen hat der Chef der Hessischen Staatskanzlei seinen Kollegen einen Brief geschickt, in dem sinngemäß steht: Wenn ihr das so beschließt, geht es schief, dann müssen wir mit neuen Prozessen und Schadenersatzklagen rechnen. Hessen stellt klare Bedingungen, darunter eine unbegrenzte Erlaubnisvergabe. Einem rechtswidrigen Vertrag werde man sich nicht anschließen, und derzeit treffe man Vorbereitungen für ein eigenes Glücksspielgesetz, heißt es in dem Schreiben. Eine unmissverständliche Drohung.

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