Glyphosat:Weitere Zulassung von Glyphosat wackelt

Bauern müssen um EU-Agrarmilliarden bangen

Streit um Glyphosat: Studien zur Schädlichkeit des Stoffes kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen (Symbolbild).

(Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • Deutschland wird sich bei der Abstimmung über eine weitere Zulassung des Pestizids Glyphosat wohl enthalten. Denn in der Regierung gibt es unterschiedliche Positionen zu dem Thema.
  • Die Enthaltung Deutschlands könnte dazu führen, dass die Neuzulassung für Glyphosat bei der EU-Abstimmung kommende Woche nicht durchkommt.

Von Silvia Liebrich und Markus Balser, Berlin

Die Neuzulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat steht überraschend auf der Kippe. Nach neuen Auseinandersetzungen innerhalb der Bundesregierung muss sich Deutschland - bislang als Zünglein an der Waage gehandelt - bei der entscheidenden Abstimmung in der kommenden Woche auf EU-Ebene enthalten.

Am Donnerstag wurde bekannt, dass Umweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einen ausgehandelten Kompromiss der großen Koalition aufgekündigt haben. "Dass Glyphosat negative Auswirkungen auf die Umwelt hat, ist nachgewiesen. Das muss bei der Zulassung umfassend berücksichtigt werden", sagte Hendricks. "Vor dem Hintergrund nach wie vor bestehender Unsicherheiten über die gesundheitlichen Risiken von Glyphosat werden die SPD-geführten Ressorts einer Verlängerung für die Zulassung von Glyphosat nicht zustimmen", sagte Hendricks.

Ob der umstrittene Stoff wie von der EU-Kommission geplant eine neue Zulassung bekommt, ist damit offen. Weil nur das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium den Stoff erlauben will, muss sich die Bundesregierung in Brüssel wohl enthalten. Dadurch könnte die Verlängerung der Zulassung scheitern, sollten auch andere Staaten nicht dafür stimmen. "Es dürfte eine Herausforderung werden, dafür die Mehrheit zu bekommen", verlautete am Donnerstag aus der Bundesregierung. Ein erster Abstimmungsversuch in Brüssel war im März gescheitert, weil sich die EU-Länder nicht auf eine neue Genehmigung einigen konnten.

Grund für den Streit um das meistverkaufte Pestizid der Welt sind vor allem ungeklärte Risiken. Während etwa Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen einstufen, kommen die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung zu der Einschätzung, es sei bei bestimmungsgemäßer Anwendung nicht gesundheitsschädlich.

Ein neuer Vorschlag, den die EU-Kommission den Ländern vorgelegt hat, sieht vor, Glyphosat für weitere neun Jahre zuzulassen, und zwar ohne größere Einschränkungen, wie sie zuletzt etwa das Europäische Parlament gefordert hat. Die Parlamentarier wollten unter anderem verbieten, dass das Mittel in öffentlichen Parks, auf Kinderspielplätzen, auf Schulgeländen und Bahnanlagen verwendet werden darf. Ein solches Verbot sieht die Vorlage der Kommission nicht vor. Dort heißt es lediglich, die Länder sollten darauf achten, den Einsatz in diesen besonders sensiblen Bereichen "zu minimieren oder zu verbieten". Es bliebe damit also den Ländern überlassen, ob und wie sie den Einsatz von Glyphosat einschränken.

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