FC Bayern:Wenn Rummenigge die Volksseele vergisst

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Auf dem Rathausbalkon, nur nicht im öffentlich-rechtlichen TV: Pep Guardiola (links) und Karl-Heinz Rummenigge. (Foto: AP)

150 000 Euro für die TV-Übertragung der Pokalsause? Als Manager hat der Bayern-Boss ein gutes Gespür fürs Geldverdienen - nur die Fans vernachlässigt er bisweilen.

Von Claudio Catuogno

Vor einigen Wochen, der FC Bayern spielte gerade in seiner leuchtenden Arena gegen Benfica Lissabon, wurden im Münchner Fanblock Plakate ausgerollt. "Dein Kaffee ist bald englischer Tee, und der schmeckt nicht", stand auf einem, auf einem anderen: "Setzliste? Wildcard? Superliga? Hört's auf mit dem Schmarrn!" Nun klingen Fanblock-Botschaften oft etwas kryptisch - Karl-Heinz Rummenigge hat sie sicher verstanden. Sie richteten sich an ihn. Dass Fußballfans gegen den eigenen Vorstandschef rebellieren, ist eher ungewöhnlich, zumal in einem Jahr, das für den FC Bayern sportlich prima gelaufen ist.

Aber der ehemalige Nationalstürmer Rummenigge, 60, ist als Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG gewissermaßen ein Gefangener des eigenen Erfolgs. Die Ansprüche, auch die vieler Fans, sind ins Unermessliche gestiegen. Jede Niederlage kommt inzwischen einer bajuwarischen Staatskrise gleich. Aber manche Methoden, mit denen die Dominanz des Münchner Luxuskaders erkauft wurde, finden viele doch irgendwie unromantisch.

Englischer Tee? Dieses Bild bezog sich auf Rummenigges Bestreben, Anschluss an die Klubs der englischen Premier League zu halten, wo ein milliardenschwerer TV-Vertrag selbst dem Tabellenletzten obszön hohe Erlöse garantiert. Das zweite Plakat bezog sich auf Maßnahmen, die Rummenigge zuletzt ins Gespräch gebracht hatte.

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Auch die Volksseele muss bedient werden

Als seine Bayern im Achtelfinale der Champions League fast gegen Juventus Turin ausgeschieden wären, forderte er eine Setzliste - um zu verhindern, dass die besten Teams schon so früh aufeinander treffen. Seit Längerem kokettiert er mit einer europäischen Superliga, die noch mehr Planungssicherheit verspräche. Und mit dem Bundeskartellamt diskutiert er diskret über die Zentralvermarktung der Erst- und Zweitligisten, ein Solidarsystem, das den Wettbewerb in der Bundesliga sicherstellen soll. Dürften sie sich komplett selbst vermarkten, könnten die Bayern als Branchenprimus ein Vielfaches erlösen.

523,7 Millionen Euro Umsatz hat der FC Bayern im vergangenen Geschäftsjahr gemacht. Rummenigge kann gar nicht anders, als sich als Unternehmenslenker zu verstehen, der den Marktwert seines Konzerns offensiv definiert und global zu Geld macht. Dagegen wäre weit weniger einzuwenden, würde er nicht bisweilen vergessen, dass ein Fußballverein nicht nur Sponsoren und Investoren, sondern auch die Volksseele bedienen muss.

Gefeilscht um 150 000 Euro

Da kann es schon mal vorkommen, dass der FC Bayern dem Ruf eines Sponsors nach Saudi-Arabien folgt oder dass er in Katar umstrittene Geschäfte macht. Und jetzt hat Rummenigge also mit dem Bayerischen Rundfunk um 150 000 Euro gefeilscht, mit dem Ergebnis, dass seine Pokalsause auf dem Rathausbalkon aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verschwand.

Fürs Geldverdienen hat der Manager Rummenigge ein Gespür. Aber bisweilen ist der Imageschaden deutlich größer als die Rendite.

© SZ vom 24.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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