TV-Abschied:Marcel Reifs Abschied: Einer der Besten geht

TV-Abschied: Zum letzten Mal am Mikrofon: Sky-Kommentator Marcel Reif beim Champions-League-Finale. Screenshot: Sky Sport

Zum letzten Mal am Mikrofon: Sky-Kommentator Marcel Reif beim Champions-League-Finale. Screenshot: Sky Sport

Mit einem beiläufigen Satz verabschiedete sich Marcel Reif vom Bildschirm. Sein letztes Spiel zeigte, warum der Fußball-Kommentator fehlen wird.

Von Martin Schneider

Ein guter Erzähler sieht die Geschichte, und als Cristiano Ronaldo den letzten Elfmeter versenkte, das Spiel gewann und sich als Held im Adonis-Körper präsentierte, da sagte Marcel Reif: "Sie gucken nach links, ich hab jetzt mal nach rechts geschaut", und von seinem Platz aus gesehen standen rechts die Spieler von Atlético Madrid. Sie weinten. Sie haben zum zweiten Mal nach 2014 verloren. Im Moment des Sieges sah Marcel Reif, dass die Geschichte dieses Fußballspiels die der Verlierer war.

Das Champions-League-Finale zwischen Real und Atlético Madrid am Samstag war das letzte Spiel des Reporters Reif, und er hat es kommentiert wie immer. Ruhig, sachlich, manchmal verwechselte er Spieler, aber in den wichtigen Momenten fand er schöne Worte. Nach dem Spiel, als die eine Mannschaft jubelte und die anderen heulten, sagte Reif: "Jetzt ist Fußball trotz der Millionen wieder ein Kinderspiel. Kinder weinen, Kinder lachen." Das hätte so in diesem Moment kein anderer gesagt.

Seit 1984 war seine Stimme beim Fußball in den Wohnzimmern der Deutschen. Erst beim ZDF, dann bei RTL, dann bei den Bezahlsendern Premiere und Sky. Den Grimme-Preis hat er gewonnen; 1998 musste er statt des Spiels ein umgefallenes Tor kommentieren und er tat das großartig. Auch dafür gab es Preise. Er ist in seinem Job einer der Besten, auch wenn viele Zuschauer das nachweislich anders sehen. Ihm wurde eigentlich immer alles vorgeworfen, zu sehr pro Bayern München, zu sehr contra Bayern München etwa.

Ein gutes Zeichen für einen Journalisten, der bis zum Schluss Distanz zum Fußball-Zirkus hielt, der nicht den Marktschreier geben wollte. Viele interpretierten das als Selbstgefälligkeit, aber wer ihn mal nach einem Spiel erlebt hat, der sah jemanden, der nach dreißig Berufsjahren kein Stück Begeisterung verloren hat, der immer noch mit einem Engagement über eine Szene in der 35. Minute diskutieren konnte, als hätte er fünf statt 500 Spiele kommentiert.

Er wollte kein Trara um seinen Abschied machen. Bis zum Schluss redete er nur über das Spiel. Seine letzten Worte im Amt waren " . . . und, andiamo, Tschüss." Ein beiläufiger Abschied. Mit einem Lächeln drehte er sich weg.

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