Münchner Filmfest:Wild, weiblich, weltoffen

Filmfest München 2016

Filmfest München 2016 Filmfest München 2016

(Foto: oh)

Mehr als 200 Werke aus 62 Ländern: Den Machern des Filmfest München ist in diesem Jahr ein betörender Riesenmix gelungen. Nur das Motto ist leider ein bisschen banal.

Von Bernhard Blöchl

Als Festivalmacher hat man es nicht leicht. Da bastelt man monatelang an einem Spielplan, sammelt Höhepunkte und Premieren, stellt also Beachtliches auf die Beine, und dann fühlt man sich verpflichtet, dem Ganzen ein griffiges Motto zu verpassen - was mitunter auch danebengeht. Diana Iljine, Leiterin des Filmfests München, kennt das Problem offenbar.

Am Montag stellte sie das Programm für das Festival vor, das vom 23. Juni bis 2. Juli zum 34. Mal stattfindet und 207 neue Filme aus 62 Ländern in den Kinos der Stadt präsentiert. 47 Uraufführungen sind dabei, es kommen Gäste wie die Oscar-Gewinnerin Ellen Burstyn und der deutsche Regisseur Christian Petzold, denen eigene Werkschauen gewidmet sind.

Als Eröffnungsfilm läuft Maren Ades in Cannes gefeiertes Komödien-Wunder "Toni Erdmann", zum Abschluss ist das US-Indie-Drama "Captain Fantastic" mit Viggo Mortensen zu sehen. Neues gibt es auch von Werner Herzog ("Lo And Behold, Reveries Of The Connected World") und Klaus Lemke ("Unterwäschelügen"), eine Rarität sind verschollen geglaubte Kurzfilme von Jacques Rivette. Aufregende Kultur, keine Frage. Die Klammer indes, die Diana Iljine den Besuchern schmackhaft machen möchte, wirkt dagegen ein bisschen banal - um nicht zu sagen: austauschbar. Es lautet schlicht "Leidenschaft".

Abgesehen vom umständlichen Bemühen, das Programm auf einen Nenner zu bringen, ist Iljines Team ein vielversprechender Riesenmix gelungen. Einer, der cineastische Erwartungen schürt und München zur Filmstadt der sommerlichen Begegnungen machen könnte. Ein Festival für das Publikum dürfte auch diese 34. Ausgabe werden, nicht so sehr für die internationale Rote-Teppich-Elite wie in Berlin. Bedeutendes Kino gibt es freilich auch hier: In den Wettbewerbsreihen "Cinemasters" und "Cinevisions" ist etabliertes und innovatives Weltkino geboten, darunter der Cannes-Beitrag "The Salesman" von Asghar Farhadi oder verblüffende Independent-Werke wie "Free in Deed" von Jake Mahaffy.

19 wilde Weltpremieren - in nur einer Sparte

Allein in der Sparte "Neues Deutsches Kino" gibt es 19 Weltpremieren, ein Programm, das der Filmfest-Mitarbeiter Christoph Gröner als "sehr wild" umschrieb, als Stichwörter nannte er "Polyamorie" und "Sadomasochismus". Nahezu die Hälfte der Beiträge sei von Filmemacherinnen, betonte er. Sehr beliebt ist auch die Reihe "Neues Deutsches Fernsehen". "Die Einreichungen nehmen jedes Jahr deutlich zu", sagte Planerin Ulrike Frick. Ein Highlight ist der Film "Goster" von Didi Danquart, ein Krimi mit Comic-Sequenzen. Ungewöhnliches Fernsehen, das auf der Kinoleinwand noch besser zur Geltung kommt.

Der Trend zu mehr Regisseurinnen, Attraktionen speziell für Jugendliche (Premiere von "Smaragdgrün"), Skater-Filme als Open-Air-Erlebnis, eine Filmfest-App und ein 360-Grad-Kino-Erlebnis sind als neue Entwicklungen zu notieren. So wird die Produktion "Limbradur und die Magie der Schwerkraft" im Planetarium des Deutschen Museums vorgeführt, mit Rundumblick für alle. Politisch interessant: Filme aus der islamischen Welt und aus Brasilien. Ein starker Motor für die südamerikanische Independent-Szene ist das Spannungsfeld aus Olympia und Staatskrise. Reizvoll aus lokaler Sicht: ein Film über die Münchner Gruppe ("Zeigen, was man liebt" mit Iris Berben, Dominik Graf und Werner Enke). Der Vorverkauf zum Festival beginnt online am 13. Juni und an den Filmfestkassen am Gasteig am 16. Juni.

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