Sipri-Studie:Die Atommächte rüsten auf

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Nach einem Bericht des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri investieren derzeit viele Länder in die Modernisierung ihrer Waffen. (Foto: Sergei Ilnitsky/dpa)
  • Die Zahl der Nuklearwaffen auf der Welt nimmt weiter ab, dennoch wird weiter aufgerüstet.
  • Allein die USA wollen ihr nukleares Arsenal bis 2024 für fast 350 Milliarden Dollar modernisieren. Aber auch die anderen Atommächte ziehen nach.
  • USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea besitzen nach einer Sipri-Studie gemeinsam 15 395 nukleare Sprengköpfe.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Die Zahl der Nuklearwaffen auf der Welt nimmt weiter ab. Ein "echter Fortschritt" bei der Abrüstung ist laut Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri dennoch nicht erkennbar. Die neun Atommächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea besitzen nach einer Sipri-Studie gemeinsam 15 395 nukleare Sprengköpfe, Stand Januar 2016. Das sind nur 450 Sprengköpfe weniger als im Vorjahr. 4120 dieser Atomwaffen sind demnach operativ einsetzbar. Keine der Atommächte sei bereit, ihr Arsenal in absehbarer Zeit aufzugeben, heißt es im Bericht.

Dass es überhaupt einen Rückgang gab, ist dem Abrüstungsabkommen zwischen den USA und Russland zu verdanken. Gemeinsam besitzen die beiden Staaten 93 Prozent aller Nuklearwaffen. 2011 trat ihre neue Abrüstungsvereinbarung "New Start" in Kraft. Dennoch haben sie ihren Bestand seither nur unwesentlich reduziert. Stattdessen stecken sie viel Geld in die Modernisierung ihrer Atomwaffenprogramme. Allein die USA planen dafür laut Sipri 348 Milliarden US-Dollar bis 2024 ein - unter anderem für neue Interkontinentalraketen, neue Atom-U-Boote, neue Langstreckenbomber, neue luftgestützte Marschflugkörper und Bomben, die präziser treffen sollen als ihre Vorgänger.

Obama warb in Hiroshima für "Welt ohne Atomwaffen"

Der Modernisierungsplan der Obama-Regierung stehe "in krassem Gegensatz" zum Versprechen des Präsidenten, "die Anzahl der Nuklearwaffen und deren Rolle in der nationalen Sicherheitsstrategie der USA zu verringern", schreibt Hans Kristensen, Ko-Autor des Sipri-Jahrbuchs. Obama hat Ende Mai als erster amtierender US-Präsident Hiroshima besucht, das im August 1945 durch eine Atombombe der USA vernichtet worden war. Die USA sind bisher die einzige Atommacht, die die Bombe eingesetzt hat. Obama hat sich dafür in Hiroshima nicht entschuldigt, aber für eine "Welt ohne Atomwaffen" geworben.

Bis dahin ist es ein weiter Weg. Auch die anderen sieben Atommächte - neben den USA und Russland - entwickeln ihre Waffensysteme weiter, setzen neue Systeme ein oder haben die Absicht erklärt, dies zu tun, schreiben die Sipri-Forscher. Indien und Pakistan haben ihr jeweiliges nukleares Arsenal innerhalb eines Jahres stark vergrößert. China besitzt derzeit etwa 260 nukleare Sprengköpfe und rüstet weiter auf, will unter anderem seine U-Boot-Flotte mit neuen Atom-Raketen ausstatten. Ende Mai gab es Berichte, wonach Peking plante, wegen Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer Atom-U-Boote in den Pazifik zu schicken.

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Nordkoreas Bestand an Atomsprengköpfen: Nur Spekulationen

Über Nordkoreas Waffenbestand dagegen gibt es kaum zuverlässige Daten. Die Volksrepublik könnte laut Sipri-Bericht etwa zehn nukleare Sprengköpfe hergestellt haben. Die Zahl basiert auf Schätzungen darüber, wie viel Plutonium sie in der Aufbereitungsanlage in Yongbyon produziert haben könnte. Es sei unklar, ob Nordkorea bereits einsatzfähige Waffen besitze, heißt es weiter. Im Januar hatte Nordkorea erklärt, es habe erfolgreich eine Wasserstoffbombe gezündet. Zudem wird vermutet, dass es Langstreckenraketen getestet hat. Die Vereinten Nationen reagieren mit Sanktionen, die USA schickten einen B-52-Langstreckenbomber nach Südkorea, als Warnung an Pjöngjang.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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