Putzbrunn:Örtchen auf Rädern

Putzbrunn: Landrat Christoph Göbel, sein Stellvertreter Otto Bußjäger, Lebenshilfe-Vorsitzende Johanna Rumschöttel (hinten v. li.) und Wolfgang Mathis (vorne).

Landrat Christoph Göbel, sein Stellvertreter Otto Bußjäger, Lebenshilfe-Vorsitzende Johanna Rumschöttel (hinten v. li.) und Wolfgang Mathis (vorne).

(Foto: Claus Schunk)

Der Landkreis und die Lebenshilfe stellen in Putzbrunn eine mobile barrierefreie Toilette vor. Sie ermöglicht Behinderten den Besuch von Veranstaltungen

Von Stefan Galler, Putzbrunn

Der Grund für die illustre Zusammenkunft klang zunächst einmal lapidar: Im Putzbrunner Ortsteil Waldkolonie wurde eine öffentliche Toilette eröffnet. Selbstverständlich ging es nicht um ein gewöhnliches Klo, sondern um ein ganz besonderes. Es handelt sich um den ersten mobilen und barrierefreien Toiletten-Container zum Mieten - ein Kooperationsprojekt des Landkreises München und der Lebenshilfe-Werkstatt München, die einen Ableger in der Waldkolonie unterhält.

Und dieses Projekt hat richtungsweisenden Charakter für die Inklusion und die 2015 beschlossene Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Landkreis, weshalb viele von denen, die zwischen Aying und Unterschleißheim politisch etwas zu sagen haben, zu diesem Termin gekommen waren: Landrat Christoph Göbel (CSU) etwa, oder auch seine Stellvertreter Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) und Otto Bußjäger (FW), der ursprünglich die Idee gehabt hatte, für Volks- und Gemeindefeste einen solchen Container anzuschaffen und damit behinderte Menschen nicht länger von solchen Festivitäten auszugrenzen.

Göbels Vorgängerin Johanna Rumschöttel (SPD) hatte sich ebenfalls aufgemacht in die Waldkolonie, schließlich ist sie schon kurz nach dem Ende ihrer Amtszeit auf den Vorstandssessel der Lebenshilfe gewechselt. Bestens gelaunt nahm sie symbolisch den Schlüssel von Landrat Göbel in Empfang. "In kleinen Schatullen, die mit roter Schleife umbunden sind, vermutet man etwas anderes", sagte Göbel lachend, als er das vermeintliche Schmuckstück überreichte. Und Rumschöttel gab gespielt pikiert zurück: "Das mit der Einweihung übernehmen Sie dann."

Kein Wunder, dass der Anlass der Zusammenkunft so manch zotigen Spruch nach sich zog. Allerorten war von einem Meilenstein der "Inklosion" die Rede; Lebenshilfe-Geschäftsführer Andreas Jehn räumte ein, von der Idee, eine mobile Toilette zu betreiben, zunächst gar nicht überzeugt gewesen zu sein: "Mein erster Gedanke war: So ein Sch . . . Doch dann ist mir klar geworden, dass ein solcher Container den Betroffenen Lebensqualität garantiert. Es war also Liebe auf den zweiten Blick."

In der Tat hielt sich die Begeisterung in Grenzen, als Bußjäger vor ziemlich exakt zwei Jahren seinen entsprechenden Antrag im Kreistag einbrachte. Aleksandar Dordevic, Behindertenbeauftragter des Landkreises München, der zusammen mit dem Politiker der Freien Wähler den Stein ins Rollen gebracht hatte, erinnerte sich daran, wie skeptisch Kreisräte und auch die Verantwortlichen der Lebenshilfe zunächst reagiert hätten: "Im ersten Moment haben alle geschluckt und sich gefragt, wofür man so etwas überhaupt braucht." Doch mit zunehmender Dauer habe er "Aufgeschlossenheit" gegenüber der Idee gespürt. "Und das ist keine Selbstverständlichkeit", sagte Dordevic.

Der 43 000 Euro teure Wagen wird nun von der Lebenshilfe betrieben und gewartet. Er ist im Inneren so großzügig gestaltet, dass nicht nur Rollstuhlfahrer ihn problemlos nutzen können, sondern auch Eltern mit Kinderwagen darin Platz finden. Eine Auffahrrampe ermöglicht das problemlose Erreichen der Eingangstüre, die sich nach der Durchfahrt mit dem Rollstuhl automatisch schließt. Im Container gibt es neben der Toilette eine spezielle Pflegeliege, die auch als Wickeltisch genutzt werden kann, ein Handwaschbecken und ein Notrufsystem.

Der Mietpreis beträgt für gemeinnützige Veranstalter und Vereine im Landkreis München 160 Euro für den ersten Tag, jeder Verlängerungstag kostet 30 Euro. Für gewerbliche Mieter, etwa Festzeltbetreiber, beträgt der Mietpreis 250 Euro, für jeden Folgetag werden jeweils 100 Euro fällig. Die ersten Veranstalter haben das neue Gefährt, das nicht mit Chemikalien arbeitet, sondern an die Kanalisation angeschlossen wird, bereits gebucht: So wird das neue WC offiziell zum ersten Mal beim Leonhardi-Ritt in Siegertsbrunn am 10. Juli zum Einsatz kommen.

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