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Tittmoning: Blonder Charmeur mit rebellischer Ader: Ben Münchow (Mitte) als Hubertus in dem Kinofilm "Rockabilly Requiem".

Blonder Charmeur mit rebellischer Ader: Ben Münchow (Mitte) als Hubertus in dem Kinofilm "Rockabilly Requiem".

(Foto: Robert Többe/Farbfilm Verleih)

Ben Münchow ist erst 25 und entwickelt sich zur neuen deutschen Schauspielwucht

Von Bernhard Blöchl, Tittmoning

Da ist er wieder, der Münchow-Moment. Diese Mischung aus physischer Stärke und psychischer Zerbrechlichkeit, dieses fein ausbalancierte Spiel der Extreme. Tränenverschmiert steht Ben Münchow da, es ist eine Szene am Ende des Kinofilms "Rockabilly Requiem", der gerade in mehreren bayerischen Kinos läuft, in Augsburg etwa, Burghausen und Nürnberg. Der von Ben gespielte Hubertus bietet seinem Vater die Stirn, einem Ewiggestrigen, der den freiheitsliebenden Sohn nicht verstehen will. Dann zündet der Halbstarke seine linke Hand an, mit einem Feuerzeug, quälende Sekunden lang. Bis ihm der Vater bescheinigt, dass er verrückt sei. Verrückt im Sinne von anders, ungewöhnlich, nachhaltig beeindruckend - das sind die Rollen, mit denen Münchow zuletzt auffallen durfte. Vor einem Jahr gab er einen psychopathischen Pferdeschlitzer im Ludwigshafener "Tatort", für seinen Part im Kinofilm "Boy 7" wurde er für einen Förderpreis beim Filmfest München nominiert. Er sagt: "Je komplexer eine Rolle ist, desto größer ist die Gefahr des Scheiterns. Diese Gefahr interessiert mich."

2016 nun die erste Trophäe: Für seinen Part als ausgebremster Rockabilly-Sänger ist der Oberbayer im Januar mit dem renommierten Max-Ophüls-Preis als bester Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet worden. "Da hatte ich Gänsehaut. Der Preis ist eine wahnsinnige Anerkennung. Eine krasse Nummer", sagt der junge Schauspieler Ben Münchow. Und freut sich, dass ihm auch seine Vorbilder Moritz Bleibtreu und Til Schweiger gratuliert hätten.

Geboren vor 25 Jahren in Dachau, aufgewachsen in Tittmoning im Ortsteil Kay, war Münchow stets umgeben von Künstlern. Ein inspirierendes Umfeld. Sein Vater ist der Schauspieler und Synchronsprecher Torsten Münchow, seine Mutter die Lyrikerin und Literaturvermittlerin Sylvia Krupicka. Seine Großeltern sind Schriftsteller, seine Schwester Antonia ist ebenfalls Schauspielerin. Als sich seine Eltern früh scheiden ließen, lebte Ben Münchow zunächst bei seiner Mutter in Berlin, wollte dann aber zu seinem Vater in den Chiemgau. Also ging der Teenager zurück nach Bayern, wo er eine "Bilderbuchkindheit" erlebte, wie er sagt. "Bayern ist meine Heimat, Bayern gibt mir Erdung."

Hier entdeckte er auch sein Talent für die Bühne, probierte sich im Kinder- und Schultheater aus, bei Festspielen, in Musicals, beim Synchronsprechen und beim dramaturgischen Gestalten. "Seit ich vier war, wusste ich, dass ich Schauspieler werden wollte", sagt er. 2009 gab er sein Kinodebüt in dem Jugendfilm "Rock It". Überhaupt, die Musik. In "Rock It" spielt das Multitalent einen Schlagzeuger, in "Rockabilly Requiem" einen Sänger. Und Münchow singt die Filmsongs auch selbst. Wenn Hubertus an einer Stelle "Sex, Drugs and Rock'n'Roll" in die Kleinstadtnacht der Achtziger brüllt, dann schreit da auch ein bisschen Ben Münchow mit. Er ist einer, der es wissen will. "In der Grundschule wurde ich beim Vorsingen ausgelacht, als ich Kopfstimme sang. Danach wollte ich es allen unbedingt beweisen."

Auf dem Land war er "der bunte Hund". Er hat Schlagzeug gelernt und später Gitarre; Gesangsunterricht bekam er unter anderem von dem Traunsteiner Songschreiber Alex Diehl und Abi Ofarim, den er über seinen Vater kennengelernt hatte. Eines betont Münchow, auch deshalb, weil es im Kinofilm so ganz anders läuft für die jungen Leute: "Meine Eltern haben mich immer unterstützt." Er betont aber auch: "Mein Ziel war, mich abzunabeln und eigene Fußabdrücke zu hinterlassen." Der junge Mann, Typ blonder Charmeur, wusste schon sehr früh, dass man jedes noch so schöne Idyll beizeiten auch verlassen muss. "In Bayern als Schauspieler die Karriere zu starten, war für mich schwierig." Auch im Film "Rockabilly Requiem", ein altmodisch erzähltes Generationenporträt von Till Müller-Edenborn, stellen sich den jungen Protagonisten diese Frage: Bleibt man stehen, oder rennt man weg? Ben Münchow rannte vor nichts und niemandem davon, aber er zog weiter. Nach Hamburg, wo er seine Band Kollektiv 22 gründete und eine Regie-Hospitanz am Ernst-Deutsch-Theater absolvierte. Weil ein Kollege ausgefallen war, kam er zu seiner ersten Hauptrolle am Theater.

Er zieht sich nach wie vor am liebsten nach Tittmoning zurück. Im Haus seiner Familie bereitet er sich auf seine Rollen vor, er schwärmt von der Ruhe. Hier tankt er Kraft. Stehenbleiben kommt nicht in Frage. Derzeit mache er "ein Coaching für ein noch differenzierteres Spiel". Das lässt hoffen auf viele weitere Münchow-Momente. Typen wie ihn braucht der deutsche Film.

Rockabilly Requiem, Regie: Till Müller-Edenborn, läuft u.a. in Augsburg, Burghausen und Nürnberg

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