Bluttat in Florida:Die Opfer von Orlando

Bluttat in Florida: Opfer des Massakers von Orlando (im Uhrzeigersinn): L. Conde, J. Vega, J. Guerrero, A. Alvear, L. Vielma, F. Velazquez, B. Josaphat, C. Leinonen, M. Flores, F. Hernandez

Opfer des Massakers von Orlando (im Uhrzeigersinn): L. Conde, J. Vega, J. Guerrero, A. Alvear, L. Vielma, F. Velazquez, B. Josaphat, C. Leinonen, M. Flores, F. Hernandez

(Foto: AP/Reuters)

Über den Täter wird viel berichtet - über die Opfer nur sehr wenig. Die Polizei hat nun eine Liste mit den Namen aller 49 Toten veröffentlicht. Hinter jedem steckt eine Geschichte.

Von Nadine Funck und Timo Nicolas

Anderson Cooper will eine andere Geschichte erzählen. Anders als die, die von den meisten Medien in diesen Tagen erzählt wird. Er will eine Geschichte erzählen, ohne den Namen des Täters zu nennen, ohne ein Bild von ihm zu zeigen. Cooper fragt nicht danach, wer der Mann war, der mindestens 49 Menschen umgebracht und 53 Menschen teilweise schwerverletzt hat. Er fragt auch nicht nach dessen Umfeld oder nach den persönlichen Überzeugungen des Mannes.

Er möchte allein denjenigen einen Namen geben, die an diesem Abend feiern, tanzen und fröhlich sein wollten, stattdessen aber ihr Leben ließen.

Cooper, 59 Jahre, ist ein bekannter CNN-Journalist. In seinem Bericht wirkt er zunächst wie ein typischer Reporter, im Hintergrund sind das Blaulicht eines Streifenwagens und eine Polizeiabsperrung zu sehen. Cooper versucht in Worte zu fassen, was sich am Sonntag im Pulse-Club in Orlando zugetragen hat.

"Sie sind mehr als nur eine Liste von Namen. Sie sind Menschen, die geliebt haben und geliebt worden sind. Es waren Menschen mit Familie, Freunden und Träumen", sagt Cooper.

Er spricht mit brüchiger Stimme, mehrfach muss er abbrechen. Mehr als sechs Minuten dauert es, bis er die Liste mit den Namen aller 49 Opfer durchgegangen ist. Es waren junge Menschen, manche von ihnen keine zwanzig Jahre alt. Es waren Familienväter, hetero- aber auch homosexuelle Paare. Es war eine Mutter von elf Kindern, die mit ihrem Sohn feiern wollte.

Ein Name und ein Satz reichen nicht aus, um den Geschichten der Opfer gerecht zu werden. Über viele ist nicht recht viel mehr bekannt. Aber ein Name und ein Satz können, das zeigt Coopers Bericht, aus einer bloßen Opferzahl einzelne Menschen machen:

Stanley Almodovar III., 23, veröffentlichte noch kurz vor der Schießerei ein Video von sich, das zeigt, wie er lachend und singend in Richtung Club läuft. Eddie Justice, ein 30-jähriger Buchhalter, schrieb während des Massakers eine Nachricht an seine Mutter: "Mama, ich liebe dich." Juan Guerrero, ein 22-jähriger Student aus Florida, hatte sein Coming-Out erst Anfang des Jahres vor seiner Familie. Er starb gemeinsam mit seinem 32-jährigen Freund Christopher Leinonen. Noch in der Nacht fuhr dessen Mutter zum Tatort und erklärte, wie stolz sie auf ihren Sohn sei, der sich stets für Homosexuelle eingesetzt und dafür sogar einen Preis erhalten habe. Amanda Alvear, 25, nahm gerade ein Video für die Social-Media-Platform Snapchat auf, als die ersten Schüsse fielen. Dann bricht das Video ab. Sie war zusammen mit einer Freundin im Club, der 26-jährigen Literaturstudentin. Mercedez Flores. Joel Paniagua, 32, ist in Mexiko aufgewachsen und lebte seit weniger als einem Jahr in Florida. Er war nach Florida gezogen, um als Konstrukteur Geld zu verdienen, das er seiner Familie nach Mexiko schicken wollte.

Peter Gonzalez-Cruz, 22, Spitzname Ommy, besuchte den Club mit seinem besten Freund, Gilberto Menendez, einem 25-jährigen Studenten. Anthony Disla, 25, geboren in Puerto Rico, arbeitete als Drag Queen. Jean Perez, 35, ebenfalls in Puerto Rico geboren, arbeitete in einem Parfumladen. Dort lernte er vor zehn Jahren seinen 37-jährigen Freund Luis Wilson-Leon kennen. Akyra Monet Murray, 18, ist das jüngste Opfer des Massakers. Sie hat vor kurzem die High School abgeschlossen und wollte ein Studium beginnen. Luis Vielma, 22, arbeitete für die Harry-Potter-Welt eines Vergnügungsparks in Orlando.

Jason Josaphat, 19, ist das zweitjüngste Opfer des Massakers. Als er die ersten Schüssen fallen hörte, rief er seine Mutter an und sprach mit ihr. Miguel Honorato, 30, arbeitete als Manager eines mexikanischen Restaurants. Er war verheiratet und hatte drei Kinder. Kimberly Morris, 37, war Türsteherin im Pulse Club und erst vor einigen Monaten aus Hawaii nach Florida gezogen. Brenda Marquez McCool, 49, war Mutter von elf Kindern und verbrachte den Abend wie so oft mit ihrem Sohn im Pulse. Der 21-Jährige überlebte. Paul Henry, 41, kam aus Chicago und war Vater zweier Kinder. Am meisten, so sein Partner Francisco Hernandez, werde er Henrys Lachen vermissen. Cory Connell, 21, war Student am Valencia College in Orlando und wollte gerne Feuerwehrmann werden.

Luis Ocasio-Capo, 20, war Tänzer und Mitarbeiter bei Starbucks. Eric Ortiz-Rivera, 36, war verheiratet und wohnte in Orlando. Darryl Burt II., 29, arbeitete an der Keiser University in Florida. Deonka Drayton, 32, Spitzname Dee Dee, war Barkeeperin im Pulse Club. Über Alejandro Martinez, 21, ist nur wenig bekannt. Sein Handy soll zu denen gehört haben, die während der Identifizierung der Opfer klingelten. Franky Velazquez war ein 50-jähriger Tänzer. Martin Torres, 33, kam aus Puerto Rico und studierte. Xavier Rosade, 35, war Vater eines Sohnes. Oscar Aracena-Montero, 26, war vor seinem Besuch im Pulse gerade aus dem Urlaub in Kanada zurückgekehrt. Er starb gemeinsam mit seinem Freund Simon Adrian Fernandez, 31. Edward Sotomayor, 34, arbeitete für eine Reiseagentur für Schwule und Lesben.

Enrique Rios, 25, besuchte eine Krankenpfleger-Schule und arbeitete als Sozialarbeiter. Er war aus Brooklyn zu Besuch in Orlando. Yilmary Solvian, 24, kam ursprünglich aus Puerto Rico, lebte aber in Orlando. Sie war verheiratet, hatte zwei kleine Söhne und war an dem Abend mit dem 24-jährigen Jonathan Vega und ihrem Schwager William Borges im Pulse Club. Borges hat das Massaker als einziger der drei überlebt. Geraldo Ortiz-Jimenez wurde als letztes der Opfer identifiziert, er wurde 25 Jahre alt. Juan Chevez-Martinez, 25, war Hotel-Angestellter.

Jerald Wright, 31, arbeitete bei Disney World. Leroy Fernandez, 25, arbeitete für eine Leasing-Firma und liebte es, ihm Büro Adele-Songs zu singen. Tevin Crosby, 25, war Geschäftsführer aus Michigan. Angel Candelario-Padro, 28, war erst vor kurzer Zeit nach Orlando gezogen, weil er dort einen neuen Job als Techniker angefangen hatte. Jean Rodriguez, 27, war Manager und hatte erst vor eineinhalb Monaten ein Haus gekauft. Er wollte seiner Mutter mit dem Haus ein schönes Zuhause bieten. Javier Jorge-Reyes, 40, arbeitete als Verkäufer bei Gucci. Shane Evan Tomlinson, 33, arbeitete als Sänger einer Coverband und trat noch am Abend des Massakers in einem anderen Club auf, bevor er ins Pulse ging. Rodolfo Aayala-Aayala, 33, war Puerto Ricaner und arbeitete für eine Blutspende-Organisation.

Frank Hernandez, 27, arbeitete in einem Calvin-Klein-Store. Seine Schwester schrieb nach seinem Tod über ihn, dass er ein liebevoller Bruder gewesen sei. Christopher Josephs Sanfeliz, 24, war Angesteller einer Bank. Antonio Davon Brown, 29, war Leutnant bei der US-Armee. Luis Conde, 39, war Puerto Ricaner und verbrachte den Abend gemeinsam mit seinem 37-jährigen Partner Juan Velazquez, der ebenfalls getötet wurde.

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