Erbschaftsteuer:Familienunternehmen gewinnen Lobbyschlacht um die Erbschaftsteuer

Eine halbe Ewigkeit hat sich die Koalition mit der Reform der Erbschaftsteuer beschäftigt. Das Ergebnis ist dürftig - und kann die Ungleichheit im Land nicht mal ansatzweise bekämpfen.

Kommentar von Cerstin Gammelin

Die Bedeutung des Kompromisses, den die große Koalition endlich zur Reform der Erbschaftsteuer gefunden hat, lässt sich anhand einer Zahl verdeutlichen. Um durchschnittlich 200 Millionen Euro soll das Aufkommen an Erbschaftsteuer jährlich steigen, wenn die neuen Regeln in Kraft sind. Zum Vergleich: Jährlich werden in Deutschland Vermögen im Wert von 200 bis 300 Milliarden Euro vererbt. Und das sind nur die konservative Schätzungen. Das Aufkommen an Erbschaftsteuer schwankte zuletzt zwischen fünf und sechs Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Die große Koalition hat in den vergangenen Monaten unverhältnismäßig viel politische Energie in eine Bagatellsteuer gesteckt.

Man kann den Familienunternehmen dazu nur gratulieren. Sie haben eine Lobbyschlacht nach allen Regeln der Kunst geführt - und gewonnen. Die meisten Unternehmen werden auch künftig davon befreit sein, einen Teil des ererbten Vermögens an den Staat abzuführen.

Alle Hoffnungen ruhen nun auf den Grünen

Ohne Zweifel ist es richtig, dass die Regeln zur Erbschaftsteuer nicht dazu führen dürfen, dass Unternehmer ihr Geschäft aufgeben müssen, nur weil der Staat sie zur Kasse bittet. Was nach allen vorliegenden Informationen bisher allerdings auch noch niemals geschehen ist. Aber dass sich die Koalitionspartner derart devot zeigen, das geht doch zu weit.

SPD, CDU und CSU beklagen unisono, dass Vermögen in Deutschland immer ungleicher verteilt werden, dass die Kluft zwischen Superreichen und weniger bis gar nicht vermögenden Menschen wächst. Zugleich schaffen sie es nicht, die Regeln zur Erbschaftsteuer so zu gestalten, dass eben diese beklagten Unterschiede wenigstens ansatzweise nivelliert werden.

Insofern ruhen jetzt alle Hoffnungen auf den Grünen. Auch sie haben angekündigt, Vermögen künftig gerechter besteuern zu wollen. Zugleich haben sie auch die Macht, den verunglückten Kompromiss der großen Koalition im Bundesrat stoppen und mit einem eigenen Vorschlag ins Rennen gehen zu können. Die Grünen werden ihre Glaubwürdigkeit daran messen lassen müssen, ob sie genau diese Macht nutzen.

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