Filmfest München:Ein bisschen protzig, allzeit fesch

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Das herrliche Bild aus dem Film "Affenkönig" passt zum Selbstverständnis des Festivals: Das Filmfest München ist ein sommerlich-lässiger Szenetreff. (Foto: Filmfest München)

An diesem Donnerstag beginnt das Filmfest. Die Hollywood-Stars mögen fehlen, schlimm ist das aber nicht. Das sommerliche Spektakel ist geprägt von nationalen Größen, darunter Sönke Wortmann, Jessica Schwarz und Benno Fürmann.

Von Bernhard Blöchl

Man hat noch die Bilder von der Berlinale im Kopf. Wie die Hollywood-Prominenz in dünnen Kleidchen und feinen Anzügen über den roten Teppich scharwenzelt und sich darin misst, wer die Februarkälte am überzeugendsten wegzulächeln versucht. Beim Filmfest München, das an diesem Donnerstag mit dem deutschen Cannes-Hit "Toni Erdmann" eröffnet wird, müssen Hollywood-Stars garantiert nicht frieren. Das liegt zum einen daran, dass das zehntägige Festival im Frühsommer über die Bühne geht; zum anderen daran, dass Hollywood gar nicht da ist, also persönlich.

Ein bisschen freilich schon, gastiert mit Ellen Burstyn doch eine Oscar-Preisträgerin mit glamouröser Filmografie an der Isar. Die 83-Jährige erhält den "Cine Merit Award" (Gala am 27. Juni im Gasteig) und wird mit einer Hommage geehrt. Selbstverständlich reisen auch wieder Dutzende Regisseure und Schauspieler aus aller Welt an, um ihre neuen Werke persönlich zu preisen (bei vielen Vorstellungen sowie in der Reihe "Filmmakers live" gibt es Gelegenheiten für Publikumsgespräche). Aber Namen, die auf allen Kontinenten klangvoll klingen? Fehlanzeige. Schlimm ist das sicher nicht, hat sich die renommierte Filmschau in Bayern (207 brandneue Werke aus 62 Ländern) doch seit Jahren den Ruf als publikumsnahes Sommerfest der cineastischen Begegnungen erarbeitet. Als Fest der Filme, nicht der Starletts. Um das Festivalzentrum am Gasteig herum flanieren sowohl Kartenkäufer als auch Kreative; das Abschlussfest am 2. Juli im Innenhof ist ein großes gemeinsames Miteinander (22 Uhr, Eintritt frei).

Worin München sehr wohl stark ist: deutsche Stars anzulocken. Einer der bekanntesten Regisseure hierzulande wird seine jüngste Arbeit persönlich vorstellen. Sönke Wortmann, seit Jahren Spezialist für bürgernahe Themen, hat mit "Deutschland. Dein Selbstporträt" ein ungewöhnliches Experiment gewagt, in der Funktion als künstlerischer Leiter. Vor einem Jahr hatte er Menschen eingeladen, subjektive Momente mit der Kamera festzuhalten. Am selben Tag. Daraus schuf Wortmann eine Collage fürs Kino, die sich der Frage, was Deutschland bewegt, nähern soll (Filmgespräch mit Sönke Wortmann am 30. Juni, 17.30 Uhr, im Carl-Orff-Saal).

Namhafte Kollegen kommen ebenfalls nach München: Christian Petzold wird mit einer Retrospektive geehrt (Filmgespräch am 25. Juni, 20 Uhr, Carl-Orff-Saal), Andreas Dresen gibt einen Workshop für Kinder. Der Regisseur, der gerade "Timm Thaler" dreht, zeigt am Beispiel des Jugendromans, wie aus einem Buch ein Drehbuch und daraus ein Film wird (25. Juni, 10 Uhr). Neue Werke stellen die etablierten Größen Klaus Lemke ("Unterwäschelügen") und Dominik Graf ("Zielfahnder - Flucht in die Karpaten") vor. Auch die jüngeren Kollegen Maren Ade ("Toni Erdmann"), Hermine Huntgeburth ("Aufbruch") und Anno Saul ("München Mord - Wo bist du, Feigling?) kann man nach den Vorführungen direkt befragen.

Und dann, natürlich, die Schauspieler. Sie sind für viele das Lockmittel Nummer 1, ins Kino zu gehen. Und zum Filmfest. Prominente Gäste werden auch in diesem Jahr erwartet, allen voran Jessica Schwarz ("Die Hände meiner Mutter"), Sebastian Koch ("Bamberski - Der Fall Kalinka") und Benno Fürmann ("Volt" und "Die vierte Gewalt"). Weitere bekannte Größen sind Martina Gedeck und Ulrich Tukur ("Gleißendes Glück"), Julia Dietze ("Fünf Frauen"), Katharina Schüttler ("Die Welt der Wunderlichs") und Oliver Korittke. Der Berliner ist Teil des Ensembles von "Affenkönig", der neuen turbulenten Komödie von Oliver Rihs. Es gibt darin Szenen, die ganz gut verdeutlichen, was das Filmfest München im Kern ausmacht: sommerliche Begegnungen nämlich, ein bisschen sexy, ein bisschen protzig, immer fröhlich, lässig und fesch.

34. Filmfest München , Donnerstag, 23. Juni, bis Samstag, 2. Juli, www.filmfest-muenchen.de

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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