Brexit-Abstimmung:Britisches Pfund fällt auf 31-Jahres-Tief

A woman watching the Brexit vote in The Churchill Tavern reacts as a graph shows the British Pound falling in value following the announcement that Britain would leave the European Union, in New York

In einem englischen Pub in New York beobachtet eine Frau den Absturz des Britischen Pfunds

(Foto: REUTERS)

Die britische Währung verliert gegenüber dem US-Dollar mehr als 16 Cent an Wert - so viel wie nie zuvor an einem Tag. Ein Vorgeschmack auf das, was der Wirtschaft nach einem Brexit droht.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Die Aussicht auf einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hat am frühen Freitagmorgen auf den Weltfinanzmärkten zu drastischen Kurseinbrüchen geführt. Das Pfund Sterling verlor gegenüber dem US-Dollar zeitweise fast 16 Cents an Wert und notierte mit gut 1,34 Dollar so tief wie seit mehr als 30 Jahren nicht mehr. Auch gegenüber dem Euro sackte das Pfund Sterling seit Mitternacht um fast sieben Prozent ab, ein Kursverlust von etwa neun Cent auf 1,23 Euro.

Die Entwicklung gibt einen Vorgeschmack darauf, was nach einer Austrittsentscheidung Großbritanniens passieren könnte: Der Dollar könnte dauerhaft an Wert gewinnen, was den ohnehin fragilen Wirtschaftsaufschwung in den USA weiter belasten würde.

Bank von England müsste vermutlich Leitzinsen senken

Umgekehrt würden für die Briten Importe aus dem Ausland spürbar teurer. Der Euro gab in Fernost gegenüber dem Dollar ebenfalls um vier Cents nach und notierte nur noch bei 1,10 Dollar. Grund war die Sorge vieler Händler, dass ein Austritt Großbritanniens aus der EU die gesamte Gemeinschaft und damit auch die Währungsunion ins Wanken bringen könnte.

Die Aktienbörse in Tokio, die zunächst noch im Plus gestartet war, verlor mehr als 1340 Punkte. Gegen 6:15 Uhr MESZ stand der 225 führende Werte umfassende Nikkei-Index bei 14.890 Punkten, mehr als acht Prozent unter dem Vortagesschluss.

Die Deutsche Bank in New York veröffentlichte noch vor dem Ende der Stimmenauszählung eine Analyse, wonach ein britischer EU-Austritt das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr um 1,2 Prozentpunkte auf 0,9 Prozent reduzieren würde. Vermutlich würde die Bank von England die Leitzinsen senken müssen statt sie, wie eigentlich geplant, zu erhöhen, um eine Rezession zu verhindern, so die Experten.

Anleger flüchten in Schweizer Franken

Der Schweizer Franken kletterte zum Euro auf den höchsten Stand seit August 2015. Ein Euro kostete am Freitagmorgen 1,0686 Franken. Bereits in den Wochen vor der Abstimmung hatte die Schweizer Währung deutlich zugelegt. Sie gilt bei Investoren als sichere Anlage in turbulenten Zeiten - und ist daher gefragt.

Die Schweizerische Nationalbank will einen Höhenflug des Franken verhindern: Präsident Thomas Jordan hatte Interventionen am Devisenmarkt angekündigt, sollte es rund um die Abstimmung zu Turbulenzen an den Finanzmärkten kommen. Notfalls hatte er auch eine weitere Zinssenkung nicht ausgeschlossen.

Britische Banken brechen an Börse in Hongkong ein

An der Börse in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong, wo einige der Finanzwerte britischer Banken gehandelt werden, ging es am Freitag prozentual zweistellig abwärts. HSBC-Aktien verloren bis zu 11,3 Prozent - das ist der heftigste Verlust seit sieben Jahren und damit den Zeiten der Finanzkrise. Die Papiere des Versicherers Prudential knickten um bis zu 11,1 Prozent ein und die Aktien des Finanzkonzerns Standard Chartered sogar um bis zu 12,5 Prozent.

An den Vortagen hatten sich Bankaktien in Erwartung eines britischen Verbleibs in der EU deutlich erholt. Nach Auszählung von mehr als 344 der 382 Wahlbezirke am Freitagmorgen stimmten 51,3 Prozent der Wähler für das Verlassen der Gemeinschaft, 47,8 für den Verbleib.

Mit Material von Reuters

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