U 3/U 6:Vollsperrung von U-Bahn-Station Poccistraße denkbar

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Bis zu 39 Millimeter hat sich die Decke an der U-Bahn-Station abgesenkt. (Foto: Robert Haas)
  • Die Deckenkonstruktion des U-Bahnhofes Poccistraße hat sich um bis zu 39 Millimeter abgesenkt.
  • Deshalb wird das Bauwerk derzeit täglich kontrolliert.
  • Im schlimmsten Fall müsste die Station komplett gesperrt werden.

Von Marco Völklein

Der U-Bahnhof Poccistraße zählt nicht gerade zu den architektonischen Höhepunkten im Münchner Untergrund. Eng gebaute, gelb gekachelte Stützen prägen das Bild, an den Decken fehlt die Verkleidung. Der darunter sichtbare Beton ist ebenfalls wenig ansehnlich. Was aber kaum jemand beim Blick an die Decke sieht: Tief drin im Beton lauert noch eine ganz andere Gefahr.

Die aus insgesamt 31 Gewölben bestehende Deckenkonstruktion der Station hat sich in der Vergangenheit um bis zu 39 Millimeter abgesenkt. Seit einem Monat lassen die Stadtwerke und deren U-Bahn-Betreibertochter, die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), den Bahnhof täglich von Sachverständigen kontrollieren. Sollten diese weitere Absenkungen feststellen, könnte es sein, dass die wichtige Nord-Süd-Achse notfalls komplett gesperrt werden muss.

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Laut einer internen Dienstanweisung der MVG vom 20. Mai 2016, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, nehmen jeden Morgen Fachleute eines Münchner Ingenieurbüros ein "Bauwerks-Monitoring" vor. Dazu haben die Prüfer Messgeräte installiert, deren Daten täglich ausgewertet werden - im Anschluss daran setzen sich die Prüfer mit Ingenieuren der Stadtwerke sowie dem Betriebsleiter der U-Bahn in Verbindung.

Sollten die Geräte "Messwertabweichungen" in der Größenordnung von drei Millimetern oder mehr anzeigen, legen sie "das weitere Vorgehen fest", wie es in der Anweisung heißt. MVG-Mitarbeiter berichten, eine Vollsperrung des Abschnitts Goetheplatz-Implerstraße sei deshalb "jederzeit möglich". Je nach dem, wie weit sich das Deckengewölbe absenkt.

Stadtwerke und MVG betonen indes, eine Vollsperrung komme "nur als Ultima Ratio in Betracht", also als wirklich allerletztes Mittel. Vielmehr sähen die Pläne vor, dass sich die Bauwerksingenieure bei einer Veränderung der Messwerte die Sache zunächst einmal genau anschauten - und dann je nach Größenordnung der Abweichungen Maßnahmen ergreifen. Möglich sei zum Beispiel, dass einzelne Stellen mit "provisorischen Stützen" abgesichert würden. Der U-Bahn-Betrieb könnte dann weiterlaufen. "Es gibt keinen Automatismus, der bei Messwertabweichungen eine Vollsperrung des Abschnitts nach sich ziehen würde", betont ein MVG-Sprecher.

Zudem hätten die nun seit Mai täglich vorgenommenen Messungen bislang keine Veränderungen gezeigt. Das bestätigt auch die Regierung von Oberbayern, der die technische Aufsicht über Anlagen und Fahrzeuge der Münchner U-Bahn obliegt. Das Vorgehen von Stadtwerken und MVG sei mit den Aufsehern abgestimmt, dieses sei ausreichend. Zudem wurden "bisher keine Verschiebungen registriert, sodass keine weiteren Maßnahmen erforderlich waren", heißt es bei der Regierung.

Wie das Problem langfristig gelöst werden könnte

Gleichwohl ist den Ingenieuren klar, dass etwas getan werden muss. Voraussichtlich zum Jahresende wollen die Stadtwerke damit beginnen, einzelne Deckengewölbe mit "provisorischen Stützpfeilern" abzusichern. Noch ist unklar, wo genau diese stehen werden und wie viele davon errichtet werden müssen - die Fachleute befänden sich noch "in der Planungsphase", sagt der MVG-Sprecher. Klar sei nur, dass es "keinen Stützenwald" geben werde; es also ausreiche, die Decke punktuell abzustützen. In spätestens fünf Jahren, so der Sprecher, müsse dann eine umfassende Sanierung des Bauwerks erfolgen. Offen ist, wie sich der Einbau der provisorischen Stützen wie auch die Großsanierung in einigen Jahren auf den U-Bahn-Betrieb auswirken. Konzepte dazu würden erarbeitet.

Über den Grund für die Deckenabsenkung können die Ingenieure nur rätseln. "Die Ursache ist unklar", heißt es bei der Bezirksregierung. Zudem lasse sich nicht nachverfolgen, wann genau sich die Deckengewölbe abgesenkt hätten, ergänzt der MVG-Sprecher. Der Bahnhof wurde in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre nachträglich vom damaligen U-Bahn-Referat in die bereits 1975 eröffneten Röhren unter der Lindwurmstraße betoniert. Eröffnet wurde er im Mai 1978.

Schon während der Bauzeit gab es Probleme: So wurde laut Stadtwerken der Zulassungsbescheid für den damals verwendeten Spannstahl widerrufen. 1977 wurden Risse in der Decke dokumentiert, 1978 trat ein Spannstahlbruch in einem Deckengewölbe auf. Zuletzt habe das Baureferat 2010 die Dauerhaftigkeit der Konstruktion bestätigt, sagt der MVG-Sprecher. 2011 hätten Gutachter den Bahnhof untersucht - und damals empfohlen, den Turnus für die regelmäßigen Bauwerksprüfungen von fünf auf zweieinhalb Jahre zu halbieren.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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