Kieler Woche:Flugs noch über den Atlantik

Kieler Woche: Segeln - Olympische Klassen

Paul Kohlhoff (l.) und Carolina Werner: Zwei Junge für Olympia

(Foto: dpa)

Bei der Kieler Woche präsentiert sich eine Segler-Crew nachträglich in Olympia-Form. Sie hat nur ein kleines logistisches Problem: Ihr Boot muss noch nach Rio.

Von Joachim Mölter

Schon am vorigen Dienstag hat der Deutsche Segler-Verband (DSV) seine Olympia-Teilnehmer offiziell verabschiedet, auf einer großen Bühne im Kieler Hafen, vor einigen Hundert Zuschauern. Das war natürlich ein angemessener Rahmen, der den Athleten gut gefallen hat, aber es war auch etwas voreilig. Denn bevor sich die Besatzungen mit ihren Booten auf den Weg nach Rio machen, starteten sie ja erst noch von Mittwoch an bei der Kieler Woche, der größten Regatta-Veranstaltung der Welt.

Und außerdem könnte noch eine Crew dazukommen, die am Dienstag nicht mit auf dem Podium stand: Für das Nacra-17-Team Paul Kohlhoff und Carolina Werner vom Kieler Yacht-Club hat der DSV jedenfalls einen "Einzelfall-Antrag" für eine nachträgliche Nominierung gestellt, wie es in der Behördensprache des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) heißt. Ursprünglich hatten die beiden die geforderte Qualifikation verpasst.

Mit ihrem souveränen Sieg bei der Kieler Woche haben Kohlhoff und Werner jedoch ihre gute Form nachgewiesen: Sie gewannen zwölf der 13 Regatten, wurden einmal Zweite und standen damit bereits vor dem Medal Race am Sonntag als Gewinner fest. Im abschließenden Medal Race begnügten sie sich dann mit Platz zwei.

Nun war das Feld zwar nicht übermäßig stark besetzt, aber mehr als gewinnen konnten die Kieler ja nicht. Außerdem hatten sie ihre Olympia-Tauglichkeit bereits Anfang Juni beim letzten vorolympischen Weltcup in Weymouth/England nachgewiesen, wo sie hinter den Einheimischen Ben Saxton/Nicola Groves Platz zwei belegten - noch vor den viermaligen Weltmeistern und Olympia-Favoriten Billy Besson und Marie Riou aus Frankreich.

"Wir haben in Weymouth die geforderte Leistung nachgeliefert", sagte Steuermann Kohlhoff, der am Sonntag seinen 21. Geburtstag feierte und nun sogar so optimistisch ist, dass er als seinen größten Wunsch formuliert: "Eine olympische Goldmedaille!"

Ein Surfer darf auch mit

Davor steht freilich noch die offizielle Nominierung durch den DOSB, die wahrscheinlich erst am 12. Juli erfolgt, obwohl die nächste Bekanntgabe von Rio-Fahrern bereits für diesen Dienstag terminiert ist. Für die Crew ergibt das ein kleines logistisches Problem: Sie haben zwar schon ein Ersatzboot in Rio gelagert, müssen aber ihr Hauptboot samt restlichem Material noch über den Atlantik schippern.

Sollte der DOSB die jungen Kieler wie erwartet nominieren, wäre der Segler-Verband in Rio in sieben der insgesamt zehn olympischen Bootsklassen vertreten und damit auch in der jüngsten, die ins Programm aufgenommen wurde. Die Nacra-17-Klasse ist ein Katamaran, etwas mehr als fünf Meter lang, zweieinhalb Meter breit, rund 130 Kilo schwer. Sie ist nicht nur spektakulär anzuschauen, sondern auch der einzige Bewerb mit einer Mixed-Besatzung an Bord - einer Frau und einem Mann.

Wenn der DSV in dieser jungen Bootsklasse mit zwei jungen Seglern (Kohlhoff ist 21, Werner 22) vertreten wäre, würde das seinem allgemeinen Verjüngungsprozess prima entsprechen. Im Schnitt sind seine Olympia-Fahrer ja drei Jahre jünger als noch bei den Spielen 2012 in London. Der Älteste im Team ist der Surfer Toni Wilhelm aus Lörrach mit seinen 33 Jahren, die größte Hoffnung der 26 Jahre alte Allgäuer Philipp Buhl, der im Laser startet. "Ich möchte dort eine Medaille gewinnen, im Idealfall die goldene", sagt er.

Mit seinem Erfolg bei der Kieler Woche hat er sich offensichtlich das nötige Selbstvertrauen geholt. "Ich erwarte in Rio acht Gegner auf Augenhöhe, da wird es auch auf mentale Stärke ankommen", sagt er. Cheftrainer David Howlett findet: "Philipp ist vermutlich der stärkste und beste Athlet im Team. Wir sind in vielen Disziplinen dicht dran am Podium. Und Medaillen werden in Kopf gewonnen."

Nachdem die deutschen Segler von den drei letzten Olympischen Spielen nur eine Bronzemedaille mitbrachten (2008 durch die 49er-Crew Jan-Peter und Hannes Peckolt), ist der Optimismus nun wieder größer. "Ich traue dieser Mannschaft Medaillen zu", sagt Jochen Schümann, einst dreimal Olympiasieger und heute Gesellschafter der "Sailing Team Germany" genannten Nationalmannschaft. "Wir wollen und können als Mannschaft die Medaillenflaute beenden", sagt auch der 49er-Steuermann Erik Heil aus Berlin, der sich mit seinem Partner Thomas Plößel selbst Chancen ausrechnet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: