Rückblick:Perspektive weiten

Rückblick: Eve Stenson promovierte am California Institute of Technology. Seit einigen Jahren arbeitet die Amerikanerin als Postdoc in Deutschland am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik. An der Lindauer Tagung nahm sie 2015 teil.

Eve Stenson promovierte am California Institute of Technology. Seit einigen Jahren arbeitet die Amerikanerin als Postdoc in Deutschland am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik. An der Lindauer Tagung nahm sie 2015 teil.

(Foto: privat)

Eve Stenson hat vor einem Jahr an der Tagung teilgenommen. Die Plasma-Physikerin war zunächst skeptisch.

Von Felicitas Witte

Sie sei ja ganz ehrlich, obwohl es vielleicht undankbar klingen würde: "Ich bin nur nach Lindau gegangen, weil mein Betreuer mir dazu riet." Eve Stenson forscht am Max-Planck-Institut für Plasma-Physik in Greifswald, sie will eine neue Art von Plasma entwickeln. Von Lindau habe sie nicht viel erwartet, sie war sogar ziemlich skeptisch, bevor sie an der 65. Tagung 2015 teilnahm. "Viele Leute waren überrascht, als sie das hörten. Man könnte aber anders herum fragen: Was sollte man denn gewinnen von einem Treffen mit Nobelpreisträgern? Sie verteilen ja keine Dunstwolke, auf der man automatisch in den Himmel preisgekrönter Forschung fliegt."

Sie war letztendlich positiv überrascht. "Ich fand fast alle Vorträge interessant und hörenswert." Die Vorträge sind online, so hat sie sich einige inzwischen noch einmal angeschaut und weiter empfohlen. Nicht zufrieden war sie mit der Auswahl der Themen. "Die Physik-Master-Klassen waren total speziell, ebenso die Biologie- oder Chemie-Themen." Nur die großen Vorträge der Laureaten hätten ein breiteres Publikum erreicht. "Vielleicht hätte ich mehr mitgenommen, wenn ich mich jetzt für das Physik-Treffen beworben hätte, statt letztes Jahr zur interdisziplinären Tagung."

Von dem Rummel um Berühmtheiten hält die junge Frau generell nicht viel, außerdem war sie kurz vor Lindau beim großen Europäischen Plasma-Physik-Kongress. So las sie sich erst auf dem Weg nach Lindau die Lebensläufe der Nobelpreisträger durch und überlegte, wen sie treffen wollte. Sie führte dann beim Mittagessen inspirierende Diskussionen mit dem Astronomen Saul Perlmutter, Nobelpreisträger in Physik 2011, und aß zweimal zu Abend mit dem Physiker James Cronin, der 1980 den Preis bekam. "Ich fand total interessant zu hören, auf was für unterschiedlichen Wegen die Forscher die Auszeichnung erhielten."

Beeindruckt war sie davon, wie sehr die Preisträger ihre und die Fragen der anderen Teilnehmer beachteten. "Sie erinnerten sich dadurch an ihre eigene Forschung und reflektierten sie, waren interessiert daran, uns junge Forscher kennenzulernen und über aktuelle Forschungsthemen zu diskutieren oder darüber, wie sich Wissenschaft und Gesellschaft in den vergangenen Jahren geändert haben." Mit anderen jungen Forschern habe sie sich zwar gut unterhalten, manche aber etwas oberflächlich gefunden. "Wir sind jetzt auf Facebook und Linkedin verbunden, aber danach haben wir uns nicht weiter ausgetauscht." Doch ihr Resümee ist positiv. "Lindau lohnt sich. Es ist eine super Gelegenheit, um seine eigene Perspektive zu erweitern." Man solle so ein Treffen aber auch nicht überbewerten. "Nur weil jemand einen Nobelpreis gewonnen hat, heißt das noch lange nicht, dass alles was er sagt brillant ist."

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