Fernbusse:Es kann nur wenige geben

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Hellgrüner Lack, orangefarbener Schriftzug: Die Flixbus-Farben prägen die Bushöfe in Deutschland. (Foto: Thomas Samson/AFP)

Noch eine Übernahme: Gerade einmal drei Fernbusunternehmen teilen sich mehr als 90 Prozent des Marktes.

Von Jan Willmroth, München

Zuerst war die Luft zu schlecht, dann war der Weg zu weit. Im nordrhein-westfälischen Hagen werden von diesem Freitag an keine Fernbusse mehr abfahren, sämtliche Verbindungen nach Berlin oder Köln sind gestrichen. Als letztes verbliebenes Busunternehmen gibt jetzt die Kölner Firma Onebus auf. Wegen der Feinstaubbelastung in der Innenstadt hatte der Stadtrat die Busse vom Hauptbahnhof in einen Vorort verbannt. Dort, in der Nähe der Fernuni, fuhren aber zu wenige Fahrgäste ab. Die Fernbus-Plattform Flixbus hatte sich deshalb schon früher gegen Hagen entschieden.

Während Hagen von der Fernbus-Landkarte verschwindet, dürften bald einige neue Ziele hinzukommen. Gerade hat Flixbus verkündet, den britischen Konkurrenten Megabus zu übernehmen, um im europäischen Ausland weiter zu wachsen. Von Juli an sollen trotz Brexit ausgerechnet die Verbindungen nach London weiter ausgebaut werden. Megabus fuhr bislang außer in seinem Heimatland in Deutschland, Italien, Frankreich, den Niederlanden und Spanien. In Deutschland kam Megabus zuletzt auf einen Marktanteil von lediglich zwei Prozent, fiel aber durch aggressiv niedrige Preise von teilweise nur drei Euro auf.

Flixbus hatte das Geschäft mit der Megabus-Mutter, dem britischen Verkehrsunternehmen Stagecoach, am Dienstag unterzeichnet; der Kaufpreis blieb geheim. Die Übernahme wird laut Flixbus-Chef Jochen Engert aber rund 30 Millionen Euro Umsatz pro Jahr bringen. Die Zahl der Fahrgäste werde im laufenden Jahr auch wegen der Übernahme um 50 Prozent auf rund 30 Millionen wachsen.

Seit dem Zusammenschluss mit dem Konkurrenten Meinfernbus Anfang 2015 beherrscht Flixbus den Fernbusmarkt in Deutschland. Mit dem neuen Zukauf wächst der Marktanteil des Anbieters aus München auf mehr als 70 Prozent. Damit setzt sich ein Trend fort, der in dem erst 2013 liberalisierten Markt von Beginn an zu erkennen war: Am Ende wird es sich nur für wenige Unternehmen lohnen, ein Streckennetz mitsamt Bussen und Fahrern zu unterhalten. Was zählt, sind Größe und Auslastung, das scheint Flixbus verstanden zu haben.

Solche Märkte bezeichnen Ökonomen als Oligopole, dabei stehen viele Nachfrager nur wenigen Anbietern gegenüber. "Wir haben für diesen Markt nie etwas anderes erwartet als ein Oligopol. Es gab schon am Anfang nur wenige Konkurrenten", sagt Christoph Gipp, Geschäftsführer des Beratungsinstituts Iges, das regelmäßig Daten zum deutschen Fernbusmarkt erhebt. Kunden dürfte die Übernahme zunächst höchstens wegen zusätzlicher Auslandsverbindungen auffallen. Bislang bietet Flixbus nach eigenen Angaben Fahrten zu 900 Zielen in 20 Ländern an.

Mittelfristig müssen Kunden auch mit steigenden Preisen rechnen. Noch sei es schwierig herauszufinden, in welchen Fällen die Unternehmen in der Branche profitabel arbeiteten. "Es gibt bereits Linien, auf denen die Busunternehmen einen operativen Gewinn machen", sagt Gipp. Inwiefern das für ein Gesamtnetz oder die Branche gelte, lasse sich nicht sagen. "Dazu ist der Markt nicht transparent genug", sagt er. Einer aktuellen Erhebung von Iges zufolge verdienen die Busfirmen pro Fahrgast und Kilometer derzeit etwa neun Cent. Das dürfte kaum genügen, um nennenswerte Gewinne zu erwirtschaften. Höhere Ticketpreise wären die logische Folge.

Den restlichen Markt teilen nur noch zwei Flixbus-Konkurrenten unter sich auf: die Deutsche Post mit dem Postbus und die Deutsche Bahn mit dem IC-Bus und der Marke Berlin Linienbus. Im vergangenen Jahr zählte die Branche etwa 20 Millionen Fahrgäste. In den ersten sechs Monaten des Jahres ging die Zahl der Fahrkilometer zurück, einige Verbindungen fielen weg. Mit dem Abschied von Onebus aus Hagen sind es von diesem Freitag an erneut ein paar weniger.

© SZ vom 01.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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