Rede im schottischen Parlament:Queen im schottischen Parlament - Rätseln über royale Codes

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Der Queen drohen die Schotten abtrünnig zu werden - jetzt war Elizabeth II. in Edinburgh zu Gast. (Foto: AFP)

Über Politik spricht eine britische Monarchin nicht. So fällt das Wort "Brexit" bei ihrem Auftritt in Edinburgh kein einziges Mal. Eindringlich ist die Botschaft von Elizabeth II. dennoch.

Analyse von Lea Kramer

Eigentlich darf sich die britische Monarchin nicht zur aktuellen Tagespolitik äußern. Dass das in Zeiten von politischen Umwälzungen schwierig werden kann, steht außer Frage. Vor allem, wenn sich Königin Elizabeth auf schottischem Terrain befindet und dort auch noch im Parlament auftreten soll.

Es ist einer der ersten offiziellen Auftritte der Queen nach dem Referendum zum Austritt der Briten aus der Europäischen Union. Dazu geht es nach Schottland. Ausgerechnet dorthin, wo nach dem Brexit-Votum der Unabhängigkeitswille vom Vereinigten Königreich erneut entflammt ist. Schließlich hatten 62 Prozent der Schotten bei der Abstimmung vor einer Woche für einen Verbleib in der EU votiert. Jeder der 32 Wahlbezirke sprach sich für "Remain" aus. Das veranlasste die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon dazu, umgehend ein neues Unabhängigkeitsreferendum für Schottland in die Wege zu leiten.

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Von Sebastian Gierke

Das schottische Parlament wird von Sturgeons Schottischer Nationalpartei (SNP) dominiert. Es hat seine Regierungschefin nach Bekanntwerden der Abstimmungsergebnisse beauftragt, in direkte Verhandlungen mit den EU-Institutionen zu treten - bisher mit mäßigem Erfolg. Da kommt es gerade recht, dass das britische Staatsoberhaupt persönlich nach Edinburgh gereist ist, um die fünfte Sitzungsperiode des Regionalparlaments zu eröffnen. Sturgeon kann ihre Botschaft an höchster Stelle kundtun. So bekräftigt sie: "Wir haben die kostbare Möglichkeit, dazu beizutragen, ein besseres Land aufzubauen - und wir werden es aufbauen."

"Hat die Queen sich heute eingemischt? Das hat sie nicht!"

Das macht den Besuch für die Queen besonders heikel, denn als Vertreterin des Königshauses muss sie umsichtig sein. In ihrer Rede an die schottischen Abgeordneten fällt das Wort "Brexit" dann kein einziges Mal. Dennoch wird Königin Elizabeth II. deutlich, sie betont die Notwendigkeit, "ruhig und gefasst zu bleiben" - das sei manchmal schwierig. Gerade in Zeiten schneller Entwicklungen brauche es "genügend Raum für ruhiges Nachdenken und Abwägen". Dies könne zu tieferen Einsichten über die Herausforderungen und Chancen der Gegenwart führen.

Ob das der royale Code für "Bleibt bei uns!" ist, wird nun in Großbritannien diskutiert. So schreibt etwa der Schottland-Korrespondent der BBC: "Hat die Queen sich heute eingemischt? Das hat sie nicht!"

Die schottischen Wurzeln der Queen

Fest steht: Elizabeth II. hat ein besonderes Verhältnis zu Schottland. Ihre Mutter, die verstorbene "Queen Mum", wuchs hier auf. Die Sommerresidenz der Windsors, Balmoral Castle im schottischen Aberdeenshire, gilt als das Lieblingsschloss der britischen Königin. Es könnte sein, dass sie sich auch deshalb bereits im Herbst 2014 zu einer außergewöhnlichen Bemerkung hinreißen ließ. Als die Schotten zum ersten Mal über einen Austritt aus dem Vereinigten Königreich abstimmten, sagte sie am Rande eines Kirchenbesuchs: "Ich hoffe, die Menschen denken sehr gut über ihre Zukunft nach."

Das Ergebnis des Votums gab ihr recht, 55 Prozent stimmten gegen einen Austritt aus dem United Kingdom.

Ungewiss ist, ob die Rede vor dem Parlament die Schotten besänftigen wird. Zu viele Versprechen wurden gebrochen. Vor dem Volksentscheid 2014 hatte London unter anderem mit der EU-Mitgliedschaft um die Schotten geworben. Nun müssen sie die Union verlassen. Aber eine schottische Unabhängigkeit hängt vom Wohlwollen des Parlaments in Westminster ab, dort wird über solche Belange entschieden. In Westminster wiederum hat man derzeit ganz andere Sorgen.

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