Innenstadt:Verwaltungsgericht schränkt Pegida-Demos erstmals ein

Innenstadt: Der Muezzin-Ruf, den Pegida bei solchen "Mahnwachen" am Marienplatz abspielt, darf künftig nur noch fünf Minuten pro Stunde ertönen.

Der Muezzin-Ruf, den Pegida bei solchen "Mahnwachen" am Marienplatz abspielt, darf künftig nur noch fünf Minuten pro Stunde ertönen.

(Foto: Catherina Hess)
  • Pegida München darf nur noch einmal im Monat am Odeonsplatz demonstrieren.
  • Die Beschallung mit dem Muezzin-Ruf muss künftig auf nur noch fünf Minuten pro Stunde beschränkt werden.
  • Das Verwaltungsgericht begründet seine Entscheidung vor allem mit dem Schaden anliegender Händler.

Von Heiner Effern

Das Verwaltungsgericht München hat erstmals die im Dauerverfahren angemeldeten Veranstaltungen von Pegida spürbar eingeschränkt. Künftig ist nur noch einmal im Monat eine Demonstration am Odeonsplatz erlaubt. Bis Mai 2016 waren es vier. Die von Pegida täglich vorgesehene Kundgebung auf dem Marienplatz darf nur noch einmal pro Woche dort stattfinden.

Das Abspielen von Muezzin-Rufen ist dabei künftig maximal noch fünf Minuten pro Stunde zugelassen. Diesen Beschluss erließ das Verwaltungsgericht am Freitag. "Das ist ein positives Signal für alle Münchnerinnen und Münchner, die nun nicht mehr täglich an denselben Orten mit diesem unsäglichen Schauspiel konfrontiert sind", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

Anfang Mai hatte das Kreisverwaltungsreferat (KVR) die Dauerkundgebungen von Pegida in einem Bescheid deutlich begrenzt. Dagegen legten die Veranstalter der Demonstrationen Klage vor dem Verwaltungsgericht ein. In einem Eilverfahren legten die Richter fest, welche Regeln nun gelten, zumindest bis zu einer möglichen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Ende des regulären Verfahrens, das wohl frühestens zum Jahresende angesetzt wird.

Bisher war die Stadt Pegida in allen rechtlichen Auseinandersetzungen unterlegen. Auch KVR-Chef Thomas Böhle freut sich deshalb sehr. "Das Verwaltungsgericht ist in weiten Teilen der Argumentation des KVR gefolgt und hat im Hinblick auf die große Zahl der Pegida-Versammlungen und die massiven Beeinträchtigungen der Münchner den vom KVR zugrunde gelegten Rotationsgedanken mitgetragen." Auch wenn die Stadt nicht in allen Punkten Recht bekommen habe, die Störungen durch Pegida würden "künftig deutlich reduziert und auf mehrere Örtlichkeiten verteilt".

Tatsächlich ging der ursprüngliche Bescheid des KVR noch über den Beschluss des Verwaltungsgerichts hinaus. Pegida sollte an den Montagen nur mehr zweimal im Monat marschieren und zweimal an festen Orten demonstrieren dürfen. Davon nur einmal am Odeonsplatz und an der Feldherrenhalle. Pegida kann nun aber an allen Montagen einen "Spaziergang" abhalten, allerdings auf wechselnden Routen.

Die Muezzin-Beschallung wollte die Stadt auf fünf Minuten zum Beginn der Veranstaltung reduzieren. Diese muss dafür aber künftig jeden Tag an einem anderen Ort stattfinden. "Dass Pegida trotz dieser sehr positiven Gerichtsentscheidung vermutlich weiterhin große Präsenz auf Münchner Straßen und Plätzen zeigen wird, muss angesichts des Grundrechts der Versammlungsfreiheit hingenommen werden", sagte Böhle.

Wie das Gericht die Entscheidung begründet

Das Gericht folgte weitgehend einer Strategie von Böhles Vorgänger Wilfried Blume-Beyerle. Dieser baute seinen Bescheid auf der Empörung der Passanten und Verkehrsteilnehmer über die ständigen Sperren am Odeonsplatz und in der Innenstadt auf. Außerdem führte er die massiven Probleme und Verluste der Ladenbetreiber an. Deren Belange dürften von einem ausufernd genutzten Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht so geschädigt werden wie bisher.

Die "massiven Beeinträchtigungen und Einschränkungen für Anlieger der Versammlungsorte und -strecken, Gewerbetreibende, Freiberufler, Beschäftigte, Passanten und Verkehrsteilnehmer" durch Pegida griff nun das Gericht auf. Diese seien in Einzelfällen hinzunehmen, "bei der Häufigkeit der Versammlungen von Pegida gelte dies aber nicht ohne weiteres".

Der Münchner Ableger von Pegida sieht sich trotzdem auch als Sieger. Man habe in wesentlichen Punkten gewonnen, heißt es in einer Erklärung auf Facebook. Die wöchentlichen Montagsspaziergänge und die Muezzin-Rufe blieben erlaubt. Ob und wie oft diese nun stattfinden, dazu steht nichts in dem Statement.

Engagierte Pegida-Gegner wie der Grünen-Stadtrat Dominik Krause hoffen, dass den Demonstranten die Luft ausgeht. "Das tägliche Generve auf dem Marienplatz war ja schon eher eine Verzweiflungstat", sagt Krause. Auch CSU-Fraktionsvize Marian Offman sieht es "positiv, dass sich das Verwaltungsgericht bewegt hat". Er hätte sich aber gewünscht, dass den "Rechtspopulisten" das Abspielen der Muezzin-Gesänge komplett verboten werde. "Da wird eine Religion verhöhnt", sagt Offman.

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