Umfrage:Studie: Terror-Angst der Deutschen wächst

Bundespolizei am Münchner Hauptbahnhof nach Terroranschlag von Paris, 2015

Bundespolizei am Münchner Hauptbahnhof - mit dem Terror wächst die Angst der Deutschen und anderer Europäer.

(Foto: Catherina Hess)
  • Die Angst vor Extremismus und Anschlägen belegt in diesem Jahr erstmals den ersten Rang einer Umfrage der R+V-Versicherungen.
  • Die Studie zu den "Ängsten der Deutschen" erscheint seit 1991.
  • Auch eine aktuelle US-Umfrage zeigt: In ganz Europa wächst die Angst vor Terrorismus.

Im Alter verarmen, schwer erkranken, den Lebensabend in Einsamkeit verbringen? Szenarien, die vielen Deutschen Sorgen bereiten. Deutlich größer sind zurzeit aber Ängste vor Terrorismus, politischem Extremismus und Spannungen durch den Zuzug von Flüchtlingen, zeigt eine Studie der R+V-Versicherung.

Die Versicherer befragten 2400 Menschen ab 14 Jahren nach ihren größten politischen, wirtschaftlichen und persönlichen Sorgen. Seit es die Umfrage gebe, seien die Ängste innerhalb eines Jahres noch nie so drastisch in die Höhe geschnellt wie 2016, sagt Brigitte Römstedt, Leiterin des Infocenters der R+V-Versicherung. "Die Attentate der Terror-Miliz IS in Europa schüren die Angst vor terroristischen Anschlägen massiv. Sie steigt um 21 Prozentpunkte und erreicht damit ihren bisherigen Höchstwert - und erstmals Platz eins unseres Ängste-Rankings." Insgesamt 73 Prozent der Befragten gaben demnach an, sich vor Terrorismus zu fürchten.

Nachvollziehbar einerseits: Paris, Brüssel, Istanbul - die Wahrscheinlichkeit, einen direkten Bezug zum Ort eines Anschlags zu haben, steigt, je mehr passiert und je näher die Anschläge rücken. Ängste werden konkreter. Und dennoch: Es bleibt statistisch gesehen sehr unwahrscheinlich, Opfer eines Anschlags zu werden. Viel wahrscheinlichere Todesursachen sind nach wie vor alltägliche Gefahren wie Krankheiten oder Verkehrsunfälle, sagen Experten - und raten zu Gelassenheit. Betrachtet man die Umfragen über einen längeren Zeitraum, sei eine Art "Erregungskurve" zu erkennen, sagt etwa der Neubiberger Soziologe Wolfgang Bonß. "Nach dem ersten Schock geht die Angst in der Regel wieder zurück."

Zum 25. Mal hat die Versicherung die Befragung durchgeführt. 20 Ängste werden abgefragt. In diesem Jahr überraschten die Ergebnisse mit großen Veränderungen in der Reihenfolge. Im vergangenen Jahr lag die Sorge um die Kosten der EU-Schuldenkrise für die Steuerzahler in der Umfrage auf Platz eins der Ängste, gefolgt von Naturkatastrophen und Terrorismus. Dieses Jahr belegt die Angst vor der Schuldenkrise den fünften Platz. Naturkatastrophen tauchen in den "Top-Ten" überhaupt nicht mehr auf. Im Jahr 2014 hatten sich die Deutschen so entspannt gegeben wie lange nicht mehr. Wenn überhaupt sorgten sie sich ums Geld, die Umwelt oder die eigene Gesundheit.

Mit der Angst vor dem Terror steht Deutschland nicht alleine da. Einer Umfrage des US-Meinungsforschungsinstituts Pew zufolge fürchten auch andere Europäer, dass sich die Terrorgefahr in ihrem Land erhöht. Die Sorge, dass Flüchtlinge Arbeitsplätze wegnehmen und zur finanziellen Last werden könnten, ist ebenfalls weit verbreitet, wie aus der am Montag veröffentlichten Erhebung hervorgeht. Befragt wurden demnach Bürger in zehn Ländern, darunter auch Deutschland.

In acht Ländern äußerte mindestens die Hälfte der Befragten die Befürchtung, dass der Flüchtlingszuzug die Wahrscheinlichkeit von Terrorismus erhöhe. Spitzenreiter ist Ungarn mit 76 Prozent, gefolgt von Polen (71 Prozent) sowie Deutschland und den Niederlanden (je 61 Prozent).

Geringe Sorge in Frankreich und Belgien

In Frankreich verübten Terroristen im vergangenen Jahr zwei große Terroranschläge. Trotzdem geben dort nur 46 Prozent der Befragten an, Angst vor Terror im Zusammenhang mit dem Zuzug von Flüchtlingen zu haben. Belgien, das einen Anschlag auf den Flughafen der Haupstadt verkraften musste, taucht in der Statistik nicht unter den zehn besorgtesten Ländern auf.

In fünf Ländern ist der Umfrage zufolge mindestens die Hälfte der Teilnehmer besorgt, dass Flüchtlinge eine wirtschaftliche Belastung darstellen könnten. Am stärksten ist auch diese Sorge in Ungarn ausgeprägt (81 Prozent), danach folgen Polen (75), Griechenland (72) und Italien (65 Prozent). In Deutschland ist der Wert Pew zufolge mit 31 Prozent besonders gering.

Befragt wurden nach Angaben des Instituts mehr als 10 000 Menschen in den genannten Staaten sowie in Schweden, Spanien, Frankreich und Großbritannien. Die Erhebung hat zwischen Anfang April und Mitte Mai stattgefunden, also vor dem "Brexit"-Referendum in Großbritannien.

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