Ausstellung:Digitale Häppchen

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"Senseven" im Studio 2 des Muffatwerks

Von Jürgen Moises, München

Wie führt man junge Menschen an die Kunst heran? Sind die nicht eher an den digitalen Bildern auf dem Handy oder Computer interessiert, am Internet als einem riesigen, imaginären Museum? Für viele Museen ist das tatsächlich eine wichtige Frage, auf die man unterschiedlich reagieren kann. Man kann das Museum als Ort des Analogen, Haptischen, Realen der digitalen Bilderwelt entgegenstellen. Oder dieser freimütig die Türen öffnen und mit interaktiven Apps, Websites, Videos und 3D-Animationen versuchen, auch die "digital natives" anzuziehen.

Der digitale Museumsführer "muS[E]Eum", den Svenja Dittrich als Prototyp für das Münchner Lenbachhaus entwickelt hat, entspricht eher der zweiten Reaktionsweise. Auch sie hat sich für ihre Abschlussarbeit im Studiengang Kunst und Multimedia gefragt: "Wie lässt sich das Erlebnis Museum" mithilfe von digitaler Technik vor allem für ein junges Publikum "besser gestalten"? Dafür ist Dittrich unzählige Male ins Lenbachhaus gegangen und hat sich überlegt: Was lässt sich zu den Kunstwerken erzählen? Sie hat verschiedene Design-Entwürfe ausprobiert, einen ersten Prototyp für den Einsatz auf Tablets entwickelt, hat eine Benutzerstudie sowie eine Umfrage zum Thema digitale Medien im Museum durchgeführt.

Das Ergebnis ihrer einjährigen Arbeit ist nun von Donnerstagabend an in "Senseven" zu sehen, der Abschlussausstellung des Studiengangs Kunst und Multimedia im Muffatwerk. Dort kann man an einem Tablet virtuell durch das Lenbachhaus navigieren, sich über konkrete Kunstwerke, Künstler und Epochen informieren und wenn man will, auch noch über weitere, anklickbare Bilddetails. Man kann das Programm theoretisch auch mit einem Audioguide verbinden, sich an bestimmten Stellen Lesezeichen setzen, diese dann an die private Mail-Adresse schicken und wenn man will: zuhause weiter recherchieren. Wie viel man konkret erfahren will, das soll sich jeder Benutzer selbst aussuchen können, das war der Studentin wichtig.

Auf das Lenbachhaus als Ort ist Dittrich durch ihr Interesse für moderne Kunst gekommen und: weil etwa die Pinakothek der Moderne schon digitale Angebote hat. Als Vorbild hat ihr aber dann eher der virtuelle Museumsführer aus dem Ägyptischen Museum gedient. Dieser wurde ebenfalls für Tablets entwickelt, die durch eine Tracking-Funktion die jeweiligen Informationen spontan abrufen, ohne dass man sich wie so oft durch irgendwelche Nummern klicken muss. Das ist auch einer der Vorteile von "muS[E]Eum", von denen Dittrich nun noch das Lenbachhaus überzeugen muss, damit das Museum ihren Prototyp auch wirklich umsetzt.

Wie man analog und digital überzeugend verbindet, darum geht es auch in anderen Arbeiten der Ausstellung "Senseven", die 17 Studierende zusammen mit der Studiengangleiterin Karin Guminski und mit Brigitte Kaiser realisiert haben. So hat etwa Vivien Bardosi für "beauty(never)fades" vier virtuelle Köpfe mit einer realen Büste kombiniert, Irina Kurbanova hat für die virtuelle Protagonistin ihres Animationsfilms "Sia H. (15)" ein reales Jugendzimmer gebastelt und Jessica Woods für ihre 3D-Animation "Dreamality" eine begehbare Kulisse aufgestellt, in der sich die 3D-Welt fortsetzt. Patrizia Schmidt wiederum hat eine Modekollektion entworfen, deren Farben sich von der Farbpalette von Computer-Hardware ableiten, und Katharina Binder drei Fingerringe modelliert, mit denen sich mittels "Near-Field Communication" das eigene Handy steuern lässt. Andere Projekte wie "We're All Stories" oder "Expedition Tortuga" gehen eher in Richtung interaktives Bilderbuch, wobei etwa Teresa Biersacks audiovisuelles E-Kochbuch in der Ausstellung ebenfalls eine analoge und sogar essbare Komponente hat. Denn die in ihrem Buch vorgestellten Gerichte wird die Studentin für die Ausstellung persönlich zubereiten und an einer selbstgebauten Theke servieren.

Senseven , Donnerstag, 14. Juli, 19 Uhr (Vernissage), bis 17. Juli, Muffatwerk, Studio 2, Zellstr. 4

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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