Polen:Schattengewächse

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Kein Geheimniskrämer: Pis-Chef Jaroslaw Kaczyński

(Foto: AFP)

Immer stärker wird die Demokratie in Polen von der Regierung ausgehöhlt. Selbst Protest aus Washington prallt ab.

Kommentar von Florian Hassel

Wenn es um Polens Verfassungsgericht geht, kann man Jarosław Kaczyński, dem mächtigen Mann des Landes, eines nicht vorwerfen: dass er seine Pläne geheim gehalten hätte. Sowohl vor wie nach dem Wahlsieg seiner Partei Pis erklärte Kaczyński das Prinzip echter Gewaltenteilung für inakzeptabel. Regierung und Präsident könnten sich ihre Projekte nicht ständig von Richtern, und sei es vom Verfassungsgericht, durchkreuzen lassen.

Diesem Credo folgt seitdem Kaczyńskis Politik. Das neue, zweite Gesetz zum polnischen Verfassungsgericht steht kurz vor seiner Verabschiedung und zeigt erneut, dass Polen sich unter dieser Regierung nicht mehr um die Meinung Europas, ja nicht einmal Washingtons schert. Die EU-Kommission führt ein Rechtsstaatsverfahren, Verfassungsrechtler mahnen, der US-Präsident ist besorgt um die Demokratie. Nur: Praktische Folgen hat dies alles nicht.

Warschau setzt darauf, dass die USA erst mit dem Wahlkampf, dann mit der Machtübergabe an einen neuen Präsidenten beschäftigt sind - und die EU noch lange mit dem Brexit. Wird das Gesetz beschlossen und umgesetzt, ist Polens höchstes Gericht so stark seiner Kompetenz beraubt, dass Gewaltenteilung künftig nur noch auf dem Papier steht. Das demokratische Gefüge der EU ist durch sein wichtigstes Mitglied in Mittel- und Osteuropa deutlich beschädigt worden.

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