Mercedes E-Klasse T-Modell:Die Perfektion des Lasterhaften

Mercedes hat in das neue T-Modell der E-Klasse so gut wie alles hineingepackt, was durchdacht, funktional und teuer ist.

Michael Specht

Ob Handwerker oder Händler, ob Schlachter- oder Malermeister, wollte einer Mitte der siebziger Jahre einen großen Kombi kaufen, gab es keinen Stern am Himmel. Nur Opel mit dem Caravan und Ford mit dem Granada hatten Passendes zu bieten. Diese Alleinstellung durchbrach Mercedes - wenn auch erst nach langem Zögern - 1977 mit dem T-Modell der Baureihe W 123. Wenn man so will, war der pragmatische 123er der erste deutsche Premiumkombi. Die Konkurrenten Audi und BMW folgten erst viele Jahre später, wobei das Fassungsvermögen dort immer hinter die dynamische Optik zurücktrat.

Mittlerweile hat Mercedes über eine Million T-Modelle der E-Klasse verkauft. Am 21. November rollt nun die fünfte Generation an den Start, nach Aussagen des Herstellers wieder mit dem "größten Laderaum im Segment und einer Reihe von cleveren Lösungen" in Sachen Funktionalität. Zwischen 695 und 1950 Liter passen in den 4,90 Meter langen Kombi, der damit gut 300 Liter mehr Volumen bietet als der Audi A6 Avant oder der BMW Fünfer Touring.

Das Design des T-Modells wirkt insgesamt harmonischer als bei der Limousine. Nicht nur, weil die oft kritisierten, hinteren Ponton-Kotflügel optisch mehr in den Hintergrund treten. Auch beim Überhang und bei der Neigung der Heckklappe bewies Chef-Stylist Gorden Wagener Fingerspitzengefühl. Zu viel Schrägheck, wie einst beim T-Modell der C-Klasse, hätte womöglich die traditionellen E-Klasse-Kombi-Kunden verschreckt, denen Nutzwert gewöhnlich wichtiger ist als Lifestyle. Dennoch polarisiert das Design und neben dem Neuen ist die Form des abgelösten Vorgängers geradezu ein Ausbund an Harmonie.

Unumstritten dagegen die inneren Werte. Wer die nun serienmäßig elektrisch zu betätigende Heckklappe - die Entwickler sprechen von "Rückwandtür" - betätigt, dem offenbart sich geballtes Know-how aus vier Generationen E-Klasse. Der T-Modell-Besitzer kann sich an einer perfekt durchdachten Funktionalität erfreuen. Jedes noch so kleine Manko des Vorgängers wurde ausgemerzt, viele Details verbessert. So lässt sich die Heckklappe in ihrer Aufschwinghöhe (maximal 2,06 Meter) programmieren, je nach eigener Körpergröße oder dem lichten Maß der Garagendecke.

Fünf Motoren zum Start, aber veraltete Fünfgang-Automatik

Der Laderaum selbst ist wie gehabt mit edlem Teppich ausgeschlagen und bei umgeklappten Rücksitzlehnen (1/3 zu 2/3) zwei Meter lang. Stehen die Lehnen oben, misst der Kofferraumboden 1,20 Meter Tiefe, "14 Zentimeter mehr als beim BMW", wie Projektleiter Andreas Friedrich betont.

Er weist auch gleich auf zwei weitere Alleinstellungsmerkmale im Segment hin: So können die Lehnen in Sekunden per Seilzug vom Laderaum aus flachgelegt werden. Dazu müssen zuvor nicht einmal die Kopfstützen herausgenommen oder die Vordersitze nach vorne geschoben werden. Und als einziger Premiumhersteller bietet Mercedes weiterhin eine dritte Sitzreihe an (1083 Euro Aufpreis). Sie schlummert im Wagenboden und steht aufgestellt gegen die Fahrtrichtung. Geeignet ist sie laut Hersteller allerdings nur für Kinder bis 50 Kilogramm Körpergewicht.

Erwartungsgemäß vermittelt das T-Modell wie schon die Limousine Mercedes-typische Solidität: leiseste Abrollgeräusche, hoher Sitz- und Fahrkomfort sowie ein exzellentes Raumgefühl, nicht zuletzt bedingt durch das große Vollglasdach, das es erstmals für den Kombi gibt (Aufpreis: 1999 Euro). Serienmäßig ist dagegen ein adaptives Dämpfungssystem und für die Hinterachse eine Luftfederung, die auch bei voller Beladung ihr Niveau behält.

Nicht weniger als zehn überarbeitete und neue Motoren will Mercedes für das T-Modell bereitstellen, fünf davon zur Markteinführung. Bei den Benzinern sind dies vorerst nur Sechs- und Achtzylinder zwischen 292 und 388 PS (E 350 CGI und E 500). Der neu entwickelte Vierzylinder-Direkteinspritzer mit 1,8 Liter Hubraum und Turboaufladung im E 200 CGI und E 250 CGI kommt erst Anfang 2010. Gleiches gilt für den Allradantrieb 4Matic.

Sozialverträgliche Werte beim Verbrauch

Die meisten Kunden werden beim T-Modell ohnehin zum Selbstzünder greifen, genauer zum 220 CDI, der vorläufigen Einstiegsversion mit 170 PS und einem Preis von 44.803,50 Euro. Für eine erste Testfahrt stand allerdings nur der E 250 CDI (Preis: ab 47.719 Euro) in Verbindung mit der optionalen Fünf-Gang-Automatik (2202 Euro) zur Verfügung. Hier leistet derselbe Motor stramme 204 PS.

Beide Aggregate hatten jüngst allerdings Probleme mit den Injektoren, was zur Drosselung der Produktion führte. Nach Aussage von Mercedes sind die Probleme inzwischen behoben.

Entscheidend ist das höhere Drehmoment (500 statt 400 Newtonmeter), das dem knapp 1,9 Tonnen schweren Kombi deutlich mehr Souveränität verleiht, aber nicht mehr Sprit verlangt. 5,7 Liter verspricht Mercedes für den Sechs-Gang-Handschalter, 6,1 Liter pro 100 Kilometer für die Automatikversion. Selbst wenn es im Alltag etwas mehr sein sollten, sind dies in Anbetracht von Fahrleistung und Größe des Autos immer noch sozialverträgliche Werte.

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