Bundesbank-Vorschlag:Weidmann und Schäuble gegen Brüssel

Bundesbank-Vorschlag: Finanzminister Wolfgang Schäuble Anfang Juli im Gespräch mit Jens Weidmann, dem Präsidenten der Bundesbank.

Finanzminister Wolfgang Schäuble Anfang Juli im Gespräch mit Jens Weidmann, dem Präsidenten der Bundesbank.

(Foto: Odd Andersen/AFP)

Die Bundesbank schlägt vor, die Europäische Kommission zu entmachten und den Euro-Rettungsfonds ESM zu stärken.

Von Cerstin Gammelin

Der Ärger in Berlin war bekannt. Die Bundesregierung merkt seit längerem an, dass sie es für falsch hält, wenn die Europäische Kommission ihren politischen Spielraum bei der Bewertung der Haushaltslage von Euro-Ländern aus ihrer Sicht zu weit dehnt. Erst recht, wenn es darum geht, die Lage in Krisenländern zu bewerten, die sich vorübergehend mit Krediten aus dem Euro-Rettungsfonds ESM finanzieren. Auch die Rolle der Europäischen Zentralbank bei der Bewertung der Krisenländer stand wegen möglicher Interessenkonflikte in der Kritik.

Die Bundesbank hat nun am Montag einen Vorschlag gemacht, der diese Kritik aufgreift. Die deutsche Notenbank schlägt in ihrem Monatsbericht vor, den Euro-Rettungsfonds ESM weiter zu stärken. Dazu sollen bisherige Aufgaben der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank auf den Fonds übertragen werden. Es ist ein Vorschlag, der die europäischen Institutionen schwächt und die Verantwortung für Entscheidungen in der Euro-Zone verstärkt nationalen Regierungen überträgt. Der Vorschlag läuft grundsätzlich darauf hinaus, den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds auszubauen.

Die Bundesbank möchte den Euro-Rettungsfonds ESM bei der Bewältigung künftiger Staatsschuldenkrisen stärker in die Verantwortung zu nehmen. Dem ESM könnte die Aufgabe übertragen werden, die konjunkturelle Entwicklung des Krisenlandes einzuschätzen, die Schuldentragfähigkeit zu bewerten und den konkreten Finanzbedarf zu ermitteln, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht weiter. "Die Programmumsetzung könnte künftig ebenfalls durch den ESM überwacht werden."

Ideenpaket, um den Krisenlösungsmechanismus langfristig zu verbessern

Bisher hat diese Aufgaben die sogenannte Troika übernommen: Die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds. Geht es nach der Bundesbank, würde sich künftig statt der beiden europäischen Institutionen der ESM um diese Aufgabe kümmern. Aus Sicht der Notenbank ist dieser Vorschlag logisch, weil auch die Eigentümer des ESM, nämlich die Euro-Länder, die Kredite für Krisenländer zur Verfügung stellen.

Die Bundesbank will mit dem Vorschlag Ansatzpunkte liefern, "um den Krisenlösungsmechanismus mittel- bis langfristig zu verbessern". Der Euro-Rettungsfonds ESM wurde im Jahr 2012 als dauerhafter Rettungsfonds gegründet, um Euro-Staaten bei drohender Zahlungsunfähigkeiten Kredite gegen Verpflichtungen zu Reformen und Sparauflagen bereit zu stellen. Das dritte Kreditprogramm für Griechenland umfasst Zusagen des ESM bis zu 86 Milliarden Euro.

Die Bundesbank wiederholte zudem ihren Vorschlag, dass sich die Laufzeiten von Anleihen für private Gläubiger automatisch um drei Jahre verlängern, sobald ein Staat ein Kreditprogramm beantragt. Damit werde der Finanzbedarf erheblich gesenkt und zudem verhindert, dass die Anleihen am Ende bei den anderen Euro-Staaten landeten, heißt es zur Begründung. Zudem spricht sich die Notenbank dafür aus, dass Euro-Staaten künftig nur noch solche Anleihen begeben, bei denen eine Mehrheit der Gläubiger verbindlich über alle Anleiheserien hinweg eine Restrukturierung beschließen kann.

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