Profil:Rolf Schulze

Profil: Deutscher Botschafter in Chile, den nun ein düsteres Kapitel einholt: Rolf Schulze.

Deutscher Botschafter in Chile, den nun ein düsteres Kapitel einholt: Rolf Schulze.

(Foto: Joerg Carstensen/oh)

Deutscher Botschafter in Chile, den nun ein düsteres Kapitel einholt.

Von Peter Burghardt

Deutschlands oberster Vertreter in Chile ist viel herumgekommen in seiner Karriere. Rolf Schulze, geboren 1953 in Karlsruhe, war zunächst in Trinidad und Tobago auf Posten, in Tokio und Madrid. Der Philologe machte später an der Botschaft in Peking Station, leitete vier Jahre lang das Referat Südkaukasus und Zentralasien im Auswärtigen Amt und war zuletzt Botschafter in Hanoi und Bangkok - ehe er im September 2015 aus Asien nach Südamerika wechselte. Seine Frau und er hätten sich Chile "ganz bewusst ausgesucht", berichtete er im April der deutsch-chilenischen Wochenzeitung Cóndor. 12 000 Kilometer entfernt von der Heimat trifft er nun jedoch auf einen deutsch-chilenischen Skandal.

Seit einem halben Jahrhundert sind deutsche Statthalter in Santiago immer wieder mit der ehemaligen Horrorsekte Colonia Dignidad alias Villa Baviera im südlichen Gebirge des Landes beschäftigt. Bonner Gesandte sahen jahrzehntelang weg oder beförderten den Terror aus Mord, Folter und Missbrauch sogar noch. Ein früherer deutscher Botschafter ließ sich mit Blasorchester vom Kolonie-Anführer Paul Schäfer empfangen, obwohl Schäfer hinter den Zäunen Hunderte Jungen vergewaltigte und für Chiles Diktator Augusto Pinochet Regimegegner massakrieren ließ. Erst im April dieses Jahres gab Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu, dass sich das Auswärtige Amt damals nicht besonders ruhmreich verhalten habe. Nun sei der geeignete Moment, sich endlich zu den Verbrechen in der Colonia Dignidad zu äußern, sagte Schulze einige Wochen danach der Deutschen Welle. Die Menschenrechte seien heutzutage ein fundamentales Prinzip. Doch die Frage ist, wie grundsätzlich sich das Verhalten deutscher Diplomaten wirklich geändert hat.

Beim Botschaftsempfang für Bundespräsident Joachim Gauck fanden sich in Schulzes Residenz kürzlich auch Reinhard Zeitner und Hans Schreiber. Geschädigte der Colonia waren entsetzt. Zeitner wurde 2013 wegen Beihilfe zur Kindesentführung zu drei Jahren Haft verurteilt, ausgesetzt zu vier Jahren auf Bewährung. Schreiber ist gegenwärtig Wortführer der Villa Baviera, heute ein bizarrer Freizeitpark. Der Opferanwalt Hernán Fernández klagt gegen ihn und andere wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Warum diese Leute eingeladen wurden, ist unklar; aus der Botschaft gibt es dazu keine Auskunft.

Betroffene aus Deutschland und Chile warten noch immer auf Entschädigung. Viele von ihnen fordern, dass die Villa Baviera aufgelöst und der Besitz verkauft wird. Kinder der alten Schäfer-Riege übernehmen derweil das Kommando, offenbar mit gutem Kontakt zu Botschaft und Auswärtigem Amt. Menschenrechtler wie der Colonia-Experte Jan Stehle verlangen, dass die Diplomatie zu den Opfern steht und die Aufarbeitung vorantreibt. Botschafter Schulze wird sich seine Gäste künftig noch genauer ansehen müssen, wenn er in der Affäre Colonia Dignidad vorankommen will.

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