Stadtentwicklung:Ein Viertel mit vielen Sorgen

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Die Bevölkerung in Milbertshofen-Am Hart blickt beunruhigt auf die Entwicklung des Stadtbezirks. In der Bürgerversammlung zeigt sich, dass die Menschen vor allem den Verkehr als belastend empfinden

Von Nicole Graner, Harthof

Zwei Dinge müssen gleich vorweg betont werden. Erstens: Die Bürgerversammlung des elften Stadtbezirks in der Aula der Hildegard-von-Bingen-Grundschule am Donnerstag war gut besucht, vor allem aber gut strukturiert. Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) behandelt Themen und Anträge an diesem Abend mit Klarheit und beeindruckender Gelassenheit. Bürgerfragen werden ruhig beantwortet und oft mit der abschließenden Frage "Ist das für Sie in Ordnung so?" geklärt. Bürgernah, wenn man will, aufgeschlossen und nicht abgeklärt. Zweitens: Die Bürger halten sich an ihre Fünf-Minuten-Redezeit, tragen ihre Anliegen ruhig vor - ohne Polemik. Viele Anträge - allein der Verein "Zukunft am Hart" stellte 16 - spiegeln, dass viele Sorgen die Bürger umtreiben und es diverse Wünsche gibt, den Stadtbezirk lebenswerter zu gestalten.

Verkehr

Eine der großen Herausforderungen und damit auch eines der großen Probleme der nächsten Jahre im Stadtbezirk Milbertshofen-Am Hart ist die Bewältigung des stark wachsenden Verkehrsaufkommens. Durch die Erweiterung des BMW-Innovationszentrums wird der Verkehr zunehmen. Aber auch die städtebauliche Verdichtung im Münchner Norden macht das Vorwärtskommen sowie das Parken immer schwerer. "Ein Problem", wie Bezirksausschussvorsitzender Fredy Hummel-Haslauer (SPD) sagt, "das kaum Linderung verspricht". So beklagt ein Bürger die schwierige Parksituation an der Schmalkaldener Straße. Diese sei "eine einzige Katastrophe". Man müsse als Anwohner weite Wege in Kauf nehmen, bis man einen Parkplatz finde. Parkplätze fordert auch die Kleingartenanlage an der Knorrstraße.

Kummer macht einer Anwohnerin das hohe Verkehrsaufkommen in der Marienbader Straße. Die sei zu einer beliebten Durchgangsstraße geworden, auf der die Autos "viel zu schnell" unterwegs seien. Hier müsse verkehrsberuhigt werden. Zu schnell sind Autofahrer nachts auch auf der Ingolstädter Straße unterwegs. Christine Frenzel vom Verein "Zukunft am Hart" spricht von einer "nächtlichen Rennstrecke" und fordert, dass mehr Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt werden müssen. Kontrollen werden auch für Radfahrer gewünscht, die zum Beispiel auf der Knorrstraße, dem Frankfurter Ring und der Milbertshofener Straße oft in die falsche Richtung fahren würden. Dienststellenleiter der PI 47, Joachim Scheil, verweist auf die zweimal im Jahr durchgeführten "Zweiradschwerpunkte". Da werde intensiv kontrolliert, Kindern und Jugendlichen auch mal Fahrräder abgenommen. Aber: Man könne zukünftig auch nur in Wellen kontrollieren.

Flüchtlingsunterkünfte

Der Bau der Flüchtlingsunterkunft an der Thalhoferstraße ist ins Stocken geraten. Grund dafür sind die vom Generalunternehmer nicht eingehaltenen Standards beim Containerbau. Drei bis vier Monate - erst dann, so erklärt die Stadt München, könne wohl weitergebaut werden. "Wir hoffen, dass wir das bauliche Problem bald in den Griff bekommen und die Unterkunft Ende des Jahres belegt werden kann", sagt Rudolf Stummvoll, Leiter des Amtes für Wohnen und Migration auf Anfrage. Auch wenn die Unterkunft an der Neuherbergstraße 24 erst seit kurzem in Betrieb ist, wird sie, so Bürgermeisterin Christine Strobl, zum 31. August geschlossen werden. Es gebe keinen Bedarf mehr. Die Tahlhoferstraße sei aber, so Stummvoll, "unverzichtbar". Ein Antrag des Vereins "Zukunft am Hart", den Containerbau an der Thalhoferstraße zurückzubauen und den Park wiederherzustellen, wird im Plenum abgelehnt.

Ärztliche Versorgung

Viele Anwohner beklagen regelmäßig, wie BA-Chef Hummel-Haslauer bestätigt, den Mangel an ärztlicher Versorgung im Stadtviertel. Kaum Ärzte, kaum Kinderärzte - es "passiere nichts", beklagen Anwohner. Die ambulante Versorgung müsse, so ein Antrag, unbedingt besser werden.

Bolzplatz

Einig waren sich die Bürger besonders in einem Punkt: Der Bolzplatz an der Schmalkaldener Straße muss in der jetzigen Form erhalten bleiben. Die Grünfläche soll im Rahmen des städtischen "Wohnen für alle"-Projekts bebaut werden, der Bolzplatz in viel kleinerer Form zwischen die neuen und die bestehenden Wohngebäude gequetscht werden. Die ehemalige Vorsitzende des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart, Antonie Thomsen, lehnt die Wohnbebauung an dieser Stelle ab und fordert die Stadt in ihrem Antrag auf, den beliebten Bolzplatz "uneingeschränkt zu erhalten". Dieser Platz sei der "einzige, letzte Rasenbolzplatz im Viertel". Großer Applaus. Der Antrag wird einstimmig angenommen.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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