Staatsanwaltschaft schaltet sich ein:Bayern LB - die Frage nach dem Gewinner

Beim Kauf der Hypo Alpe Adria soll die BayernLB einen zu hohen Preis gezahlt haben - zweieinhalb Jahre später wollen die Ermittler wissen, warum.

T. Fromm u. K. Ott

Der Zeitpunkt, an dem aus dem Münchner Landesbanker Werner Schmidt ein europäischer Großbanker wurde, lässt sich heute genau festmachen. Es war am 22. Mai 2007 gegen 13.30 Uhr, als die Unterschrift unter den Vertrag gesetzt wurde. 1,7 MilliardenEuro legte die BayernLB damals für mehr als die Hälfte der Anteile des Kärntner Instituts Hypo Alpe Adria auf den Tisch. Es war die größte Übernahme in der Geschichte der BayernLB. Eine Übernahme, die sie über Nacht weit nach vorne katapultierte. Für Schmidt war es ein besonderer Moment: Er, der bisher eine Landesbank führte, konnte über seine Beteiligung nun weit in den osteuropäischen Bankenmarkt hinein regieren - und bekam so über Nacht mehr als eine Million Privatkunden mit dazu.

Für den selbstbewussten Schwaben, der sich nach seiner Ausbildung bei der Kreissparkasse Böblingen über die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zum BayernLB-Chef hochgearbeitet hatte, war es ein großer Schritt. "Mit dieser Mehrheitsbeteiligung schaffen wir die Voraussetzungen für eine einmalige Win-win-Situation für alle Beteiligten", lobte Schmidt damals. Ein Satz, der immer wieder zitiert wurde. Weil immer wieder die Frage gestellt wurde, wer bei der Übernahme der heute maroden HGAA wirklich auf der Gewinnerseite war.

Vorwurf: Untreue

Damals sagte Schmidt, der Preis sei angemessen. Andere fanden ihn angesichts der sich abzeichnenden Finanzkrise schon damals zu hoch. Zweieinhalb Jahre nach dem Kauf ist Schmidt, der seit dem Frühjahr 2008 nicht mehr im Amt ist, wegen des Geschäfts ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Der Vorwurf lautet auf Untreue. Es bestehe der Verdacht, dass die BayernLB beim Kauf der österreichischen Tochter Hypo Group Alpe Adria (HGAA) einen überhöhten Preis bezahlt habe und der Landesbank dadurch ein Nachteil entstanden sei, heißt es bei der Staatsanwaltschaft München. Werner Schmidt wollte am Mittwoch keine Stellungnahme abgeben. Er spreche lediglich "mit den Behörden", sagte er.

Es lohnt also ein Blick auf das, was damals geschah. Derjenige, der damals neben Schmidt eine zentrale Rolle spielte, heißt Tilo Berlin. Der 50-jährige Berlin und der 66-jährige Schmidt kennen sich aus alten Zeiten; beide arbeiteten Ende der 90er Jahre bei der Stuttgarter LBBW. Berlin gründete 1999 seine eigene Vermögensverwaltung und kümmerte sich fortan um wohlhabende Kunden - "Family Office" nennt er die Finanzberatung von Milliardärsfamilien. Die Wege Berlins und Schmidts kreuzen sich wieder, nachdem Berlin mit seiner Gruppe zum Großinvestor der HGAA aufgestiegen ist - und dort als Vorstandschef in den Verkauf der Bank an die BayernLB involviert ist.

Blaues Band der Sympathie

Nach dem Deal interessierte sich auch ein Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments für den Verkauf an die Bayern. Als Berlin als Zeuge zu diesen Vorgängen befragt wurde, schwieg er. "Die Investoren unterliegen natürlich dem Bankgeheimnis." Ein Parlamentarier rechnetete schon damals vor, Berlin und seiner Investorengruppe sei es gelungen, durch den Einstieg bei der HGAA und den raschen Verkauf der Anteile an die BayernLB innerhalb von nicht einmal sechs Monaten 150 Millionen Euro zu verdienen. Das sei "sicher nicht üblich". Solche Gewinnspannen seien auf gewisse Informationen zurückzuführen, argwöhnte der FPÖ-Abgeordnete und hakte bei Berlin nach. "Sie haben sicher Insiderinformationen gehabt." Berlin erwiderte, man habe die HGAA zuerst an die Börse bringen wollen, dann sei die BayernLB gekommen, und mit der sei man dann handelseinig geworden.

Was für eine Wertsteigerung

Während man heute dem Verdacht nachgeht, die HGAA sei seinerzeit zu teuer verkauft worden, lautete seinerzeit in Österreich der Vorwurf, die HGAA sei an die Bayern unter Preis verschleudert worden. Berlin triumphierte damals - es sei gelungen, bei der BayernLB mehr herauszuholen als bei anderen Interessenten. Wenige Monate vor dem Verkauf an die BayernLB seien für die gesamte HGAA nicht einmal zwei Milliarden Euro geboten worden. Die BayernLB zahlte dann für etwas mehr als die Hälfte der Anteile schließlich 1,7 Milliarden Euro, dabei wurde ein Unternehmenswert der HGAA von rund 3,3 Milliarden Euro zugrunde gelegt.

Eine erstaunliche Wertsteigerung also innerhalb kurzer Zeit. Berlin erzählte den Abgeordneten stolz, die BayernLB sei eben bereit, eine "hohe strategische Prämie zu zahlen". Eine Prämie dafür, dass sie nun sinnvoll expandieren könne, nachdem ihr andere Gelegenheiten zum Zukauf in Österreich und darüber hinaus entgangen seien. Für die BayernLB sei das Geschäft mit der HGAA ein "genialer Schachzug". Für Ex-Landesbankenchef Werner Schmidt war es eine "Win-win-Situation". Profitiert haben vor allem Berlin und seine Investorengruppe. Die Geldgeber sollen von Dezember 2006 bis Februar 2007 knapp 700Millionen Euro für ein Viertel der HGAA-Anteile bezahlt und dafür beim Verkauf der Kärntner Bank an die BayernLB 850 Millionen Euro kassiert haben.

Ermittlungen sollen nun zeigen, warum der Preis so war, wie er war. Und welche Rolle die Beteiligten dabei spielten. An jenem 22. Mai waren viele gekommen, um beim Deal mit dabei zu sein. Der damalige bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser, Siegfried Naser, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, dem die andere Hälfte der BayernLB gehörte. Dazu gesellte sich der inzwischen verstorbene damalige Kärtner Landeshauptmann Jörg Haider, der 25 Prozent seiner Anteile verkaufte - und den Deal damals in hohen Tönen lobte. "Wir verkaufen nicht an Heuschrecken-Höllenhunde, sondern an Partner aus Bayern, die Sympathie für Kärnten haben."

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