Profil:Georg Zeppenfeld

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Georg Zeppenfeld, Bayreuths neuer Gurnemanz macht jedes Wort zum Erlebnis (Foto: Manfred Siebinger/imago)

Großartiger Gurnemanz im neuen "Parsifal" der Bayreuther Festspiele.

Von Egbert Tholl

Georg Zeppenfeld wurde in Attendorn geboren. Das war eine geraume Zeit lang ein Problem: "Man ist ja als Westfale nicht unbedingt zum Kunstgesang geboren. Da, wo wir sprechen, nämlich hinten, wird normalerweise nicht gesungen. Es hat lange gedauert und meinen Lehrer viel Geduld gekostet, bis ich verstanden hatte, wie man die Stimme nach vorne bringt." Das sagte er vor zwei Jahren in einem Fernsehinterview. Nun, die heimatliche Prägung hat er überwunden. Jedenfalls beeindruckt er gerade als Gurnemanz in der neuen "Parsifal"-Produktion der Bayreuther Festspiele mit atemberaubender Textverständlichkeit. In der Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg ist er ein knorriger Mönch, Chronist und vor allem Erzähler.

Gurnemanz hat, gerade im ersten Akt, ungemein viel zu berichten. Das passiert oft bei Wagner, und oft ist es öde. Dann nämlich, wenn die Erzählung zum Klanggemurmel verkommt. Bei Zeppenfeld indes wird es spannend, auch wenn man die Geschichte zur Genüge kennt. Zumindest kennt sie jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Wagners Werk beschäftigt. Er jedoch erzählt sie, singt sie wie eine brandneue Begebenheit - ein Bassist auf dem Weg zur Weltspitze in seinem Fach.

Der 1970 geborene Bassist ist gut beschäftigt in diesem Sommer. Sechsmal singt er den Gurnemanz in Bayreuth, außerdem sechsmal König Marke im "Tristan", dreimal den Hunding in der "Walküre". Alles Figuren, denen er bei aller Ambivalenz auch Sympathie entgegenbringen kann. Einen grundbösen Charakter wie Hagen könnte er nie verkörpern, auch wenn er sich nicht in den Gefühlen seiner Figur verlieren will. Der Zuschauer, so sagte er einmal, wolle nicht dem Sänger dabei zusehen, wie der ein Gefühl habe, er wolle dieses Gefühl selbst empfinden. "Das Tüfteln an der Stimme ist wie eine Droge für mich."

In Bayreuth sang Zeppenfeld zum ersten Mal 2010, und zwar den König Heinrich im "Lohengrin". Bis dahin war seine Paraderolle, neben vielen wichtigen italienischen und deutschen Bass-Partien, der Sarastro in der "Zauberflöte". Wieder so ein ambivalenter Typ, den er mit der Präzision seiner Sprache ausloten kann. Für deren Knackigkeit und Wucht ist er schon länger bekannt, zusammen mit dem straffen Dirigat von Hartmut Haenchen im "Parsifal" wird sie zum Idealfall der Wagnerinterpretation. Dieser grundehrliche, durchaus selbstbewusste, aber nie eitle Sänger, dessen fast hagere Physiognomie verblüfft, wird nicht abheben. Bevor er sich dem Gesangsstudium zuwandte, hatte er Musik und Germanistik fürs Lehramt studiert - und vielleicht kann man in seinem Gurnemanz immer noch etwas von einem Lehrer finden. 2001 kam Zeppenfeld an die Dresdner Semperoper, die auch heute noch sein Stammhaus ist. Von dort aus reist er nach München, Mailand, New York, Barcelona oder Bayreuth, um jetzt die Zeit zu nutzen, "während der man auf den Berg kriechen muss". Bässe altern spät - er hat noch viel Zeit für weitere Berge.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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