Fidel Castro:Der eiserne Greis

Fidel Castro - Ein Leben für die Revolution

Der Revolutionär als alter Mann: Fidel Castro.

(Foto: WDR/dpa)

Erbarmungslos und feinsinnig: Kubas Revolutionsführer Fidel Castro hinterlässt ein zwiespältiges Erbe. Zum 90. Geburtstag widmet ihm der WDR eine sehenswerte Dokumentation.

Von Sebastian Schoepp

In diesem Jahr wird Kubas Revolution 57 Jahre alt, und ihr einstiger Anführer Fidel Castro feiert in diesem August seinen 90. Geburtstag - wobei es auch Quellen gibt, die behaupten, er sei erst 89 Jahre alt. Was ist von beiden geblieben? Eine Insel, die wirkt wie in Bernstein konserviert, voll klappriger Autos und eintöniger Souvenirartikel mit immer denselben Symbolen und Bildern: Fidel Castro mit Zigarre, sein Bruder im Geiste Che Guevara mit Barett, in allen Variationen. Ein Trödelladen revolutionärer Nostalgie. Einst war sie jung, diese Revolution, getragen von schönen, begeisterten Menschen. Jetzt fristet sie ihre letzten Tage auf dem Altenteil, am Tropf des eisernen Willens eines kranken, alten Mannes.

Gibt es vor diesem Hintergrund überhaupt noch etwas zu erzählen von dieser greisen Revolution? Ja, meinten der Filmemacher Stephan Lamby und der Castro-Biograf und frühere SZ-Korrespondent in Lateinamerika, Volker Skierka. In aufwendiger Arbeit haben die beiden die Dokumentation Fidel Castro - Ein Leben für die Revolution gedreht. Sie wird im WDR am 10. August ausgestrahlt, drei Tage vor Castros Geburtstag. Lamby und Skierka zeichnen dieses Leben für die Revolution vom Aufstand in der Sierra Maestra bis hin zum krankheitsbedingten Rückzug in den Trainingsanzug nach - auf sehr konventionelle Weise. Historisches Filmmaterial wechselt mit Zeitzeugeninterviews, auf die heute so beliebten Spielszenen wurde dankenswerterweise verzichtet. Neue Erkenntnisse gibt es keine. Das Interessante ist nicht, was die Dokumentation erzählt, sondern wie sie es erzählt.

Das verwendete Material ist erstklassig. Einige der historischen Aufnahmen stammen von Fidels Kameramann Roberto Chile, der ihn jahrelang begleitet hat und noch immer treu zur Revolution steht wie viele ältere Kubaner. Mindestens genauso gut ist die Auswahl der Zeitzeugen - und auch das ist durchaus eine Ausnahme. Gorbatschow und Kissinger kommen vor, ebenso Castros Tochter Alina Fernández, die das Verführungstalent und die Skrupellosigkeit ihres Vaters beschreibt. Aber auch der alte Revolutionär Huber Matos, der sich mit Castro überwarf und von ihm eingesperrt wurde. So entsteht das Bild eines erbarmungslosen Machtmenschen und feinsinnigen Intellektuellen, der vielleicht nur deswegen so mutig war, weil er "absolut keine Angst hatte zu sterben", wie ein Weggefährte sagt.

"Er ist genauso schlimm wie all die anderen Diktatoren"

Das Bild, das die Dokumentation bis zum Ende zeichnet, bleibt ausgewogen. Der streitbare Schweizer Globalisierungskritiker Jean Ziegler lobt das Verschwinden des Hungers, des Analphabetismus und der Epidemien auf Kuba. Der französische Journalist Jean Daniel, der einst ein Friedensangebot von Kennedy an Castro übermittelte, hingegen erinnert sich illusionslos: "Sehr schnell wurde mir klar, er ist genauso schlimm wie all die anderen Diktatoren."

Der Film kommt stellenweise wie ein Nachruf daher, und als solcher war er wahrscheinlich auch gedacht, nur dass Castro sich eben als zäher erwies als die Sendeplanung. Das Einzige, was der Doku fehlt, ist ein Einblick in das Innere des Machtapparates. Doch in diesen Zirkel erhält nur Zugang, wer so links ist wie Ignacio Ramonet von Le Monde Diplomatique, oder wer Oliver Stone heißt, also bekanntermaßen wenig Distanz zum Sujet an den Tag legt.

Was man sich am Schluss noch gewünscht hätte, wäre ein Ausblick auf die Zukunft dieses Landes gewesen, ein Wort aus dem Munde der jungen Generation, die raus will aus der Gerontokratie, aus der Isolation, die dazugehören will zur modernen Welt, auch wenn sie sehr gut weiß, dass das mit Nachteilen verbunden wäre. All die schönen und jungen Menschen, denen es obliegt, aus dem Staub der Geschichte und den Revolutionskulissen ein neues Kuba zu formen. Aber dieser Film beginnt jetzt erst.

Fidel Castro - Ein Leben für die Revolution, WDR, Mittwoch, 23.25 Uhr

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