Arbeitsmarkt:Münchens Firmen schaffen zu wenig Jobs für Flüchtlinge

Unternehmen wie Siemens bieten zwar Praktikumsplätze. Das ist schön, doch es reicht nicht. Die Menschen müssen dauerhaft im Arbeitsmarkt integriert werden.

Kommentar von Pia Ratzesberger

Siemens will in diesem Jahr ungefähr 110 Flüchtlingen einen Praktikumsplatz anbieten, das mag nach viel klingen, ist aber eigentlich ganz schön wenig. 110 Plätze in ganz Deutschland, zehn davon in München und das von einem Unternehmen, das wohlgemerkt mit mehr als 114 000 Mitarbeitern zu einem der größten Arbeitgeber des Landes gehört. Von einem Unternehmen, das 10 000 Menschen ausbildet.

Natürlich sind 100 Praktikumsplätze besser als keiner, selbst zehn sind das, doch wenn die Zahlen so gering bleiben, dann wird München ziemliche Probleme bekommen. Jeder Flüchtling, der länger als drei Monate im Land ist, darf dem Gesetz nach arbeiten, die Firmen aber müssen auch bereit sein, diese Menschen anzustellen. Selbstverständlich ist es komplizierter, eine Stelle mit jemandem zu besetzen, der vielleicht kein Zeugnis einer europäischen Universität mitbringt, der kein vollkommenes Englisch spricht und dem die Firmenstrukturen in Deutschland fremd sind.

Doch die Unternehmen müssen sich auf diese neuen Bewerber einstellen, sie müssen sich mehr Zeit nehmen, um ihre Qualifikationen abzufragen, und bereit sein von den klassischen Einstellungskriterien abzuweichen - vom Bachelorzeugnis und dem Empfehlungsschreiben des letzten Arbeitgebers. Aus Damaskus hat man das nämlich oft nicht mitgebracht.

In München suchen momentan mehr als 5000 Flüchtlinge einen Job. In den Unterkünften sitzen die Menschen Stunde um Stunde ab, und das manchmal schon seit Monaten. Doch gerade in München, dieser wohlhabenden Stadt, sollten die meisten wissen, wie wichtig es für einen Menschen ist, eine Arbeit zu haben. Nicht nur wegen des Geldes, sondern auch, weil ein Job einem das Gefühl vermittelt, wertgeschätzt zu sein. Und das ist ziemlich wichtig, wenn man neu ist in einem Land.

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