Verfassungsänderung:Neuer Vorstoß für bundesweite Volksabstimmung

In der letzten Legislaturperiode war das Projekt am Widerstand der Union gescheitert. Nun will die rot-grüne Koalition ein überarbeitetes Konzept für Volksabstimmungen auf Bundesebene vorlegen. Für die EU-Verfassung soll die Grundgesetzänderung aber nicht gelten.

Das zwischen den Koalitionspartnern abgestimmte Konzept sei bereits fertig und werde wahrscheinlich im September vorgestellt, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD- Bundestagsfraktion, Wilhelm Schmidt, der Braunschweiger Zeitung.

Es enthalte klare Vorstellungen zur Ausgestaltung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden. Der Gesetzentwurf aus der vorigen Wahlperiode sei entsprechend überarbeitet worden. Nun müsse sich zeigen, ob die Union einverstanden sei, sagte der SPD-Politiker.

Die CDU/CSU und Teile der FDP-Fraktion hatten die Verfassungsänderung, für die eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, im Juni 2002 abgelehnt. Schmidt bekräftigte aber die Position der Koalition, dass es in Deutschland keine Volksabstimmung über die EU-Verfassung geben solle.

Bei der Entwicklung der Europäischen Union sei immer der Weg der Ratifizierung im parlamentarischen Verfahren gegangen worden, so solle es auch diesmal sein. Das Thema Verfassung könne schnell von Populisten missbraucht werden.

Die FDP hatte vor wenigen Tagen angekündigt, im September einen Antrag zugunsten eines Volksentscheides über die EU-Verfassung im Bundestag zur Abstimmung zu stellen.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, warnte davor, aus diesem Anlass auf Bundesebene Volksentscheidungen einzuführen. Dem Reutlinger General-Anzeiger sagte er: "Für eine Volksabstimmung müsste in Deutschland das Grundgesetz geändert werden. Ich halte nichts davon, dies nur für einen Einzelfall zu tun."

Wenn die Volksgesetzgebung ganz allgemein auf Bundesebene eingeführt würde, bestünde die Gefahr, dass sehr komplexe Themen auf ein simples Ja oder Nein reduziert würden. Populisten und Extremisten könnten dies als Chance nutzen, "Profit aus der Krise des politischen Systems zu schlagen".

Zwar gebe es, so Papier, in Deutschland derzeit "glücklicherweise keine Führungsfiguren an den politischen Rändern. Doch die sinkende Wahlbeteiligung ist ein Alarmzeichen, das uns zu denken geben sollte".

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