Am Hart:Auf dem Sprung in die Zukunft

BMW will in seinem Forschungs- und Innovationszentrum langfristig bis zu 15 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Bei der Erschließung des Firmengeländes setzt der Autobauer auf einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs - unter anderem auf dem Güterbahn-Nordring

Von Thomas Kronewiter, Am Hart

Die Zukunft von BMW beginnt noch im Jahr des 100. Firmenjubiläums. Mit der Vorlage des nun fertigen Masterplans für das Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) und den ersten beiden Aufstellungsbeschlüssen für Teile des Firmengeländes im Münchner Stadtrat gerade rechtzeitig vor der Sommerpause rückt der Start der selbst verordneten Ausbau-Offensive in greifbare Nähe. Noch 2016 will man westlich der Schleißheimer und südlich der Detmoldstraße angesichts vorhandenen Baurechts notwendige Befreiungen erwirken, für die übrigen Areale im eigens für die bessere Planung parzellenartig aufgeteilten FIZ folgen sukzessive Termine bis 2035. Noch 2016 packt BMW auch ein für die Stadtpolitik heißes Eisen an: Der Autobauer will die Nutzung des Güterbahn-Nordrings für den Personenverkehr mit einer Machbarkeitsstudie untersuchen lassen. Dem Stadtrat soll diese Studie noch in diesem Jahr als Vorschlag "inklusive Auftraggeberkonsortium" unterbreitet werden.

Als Kernproblem beim Ausbau der Forschungskapazitäten bis zum Jahr 2050 um weitere 10 000 bis 15 000 Arbeitsplätze sowie bei der Aufstockung um weitere 800 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche (ausgehend von der schon vorhandenen Million Quadratmeter) identifiziert der Masterplan den Verkehr. Die Münchner Stadtwerke werden im Beschlusspapier denn auch gebeten, für die U 2 im Innenstadtbereich eine Taktverdichtung zu untersuchen. BMW schwebt dabei konkret ein Zwei-/Vier-/Vier-Minuten-Takt vor. Noch kürzere Abstände sind schon technisch nicht möglich.

Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) von BMW in München, 2013

Mit dem FIZ will der Konzern ein weiteres, möglichst erfolgreiches Kapitel der Firmengeschichte hinzufügen

(Foto: Florian Peljak)

Zur Arrondierung der Verkehrserschließung kommt außerdem die ohnehin in Planung befindliche Tram-Spange zwischen den U-Bahn-Haltestellen Am Hart und Kieferngarten in Betracht. Die Linien 23 und 24 dienen vor allem der Erschließung des neuen Wohnquartiers in der Bayernkaserne. Hieß es bisher, die Stadtplaner wollten eine mögliche Weiterführung des westlichen Tram-Astes noch weiter nach Westen durch das BMW-FIZ-Areal offen halten, will dies Stadtbaurätin Elisabeth Merk nun ausdrücklich prüfen lassen. Dabei geht es einerseits um einen Bus oder eine Tram durch den sogenannten FIZ-Nachbarschaftsgarten - in Verlängerung der alten Panzerbrücke über die Schleißheimer Straße - weiter nach Süden zum Petuelring, andererseits um eine Verlängerung bis nach Fröttmaning. Erneut bekräftigt wird der Wille der Stadt, die Schleißheimer Straße nach Norden weiterzuführen und an den Autobahnring A 99 anzubinden. Dafür wird eine Tunnel-Lösung angestrebt. Der Stadtrat erwartet sich ein Konzept für die zeitliche Verzahnung zwischen FIZ-Ausbau und den flankierenden Verkehrsmaßnahmen.

Ganz wesentlich setzt BMW auf die Aktivierung des Bahn-Nordrings mit einem eigenen S-Bahn-Halt am künftigen FIZ-Haupteingang. Nicht nur, dass die neue Magistrale, die das 177 Hektar große Gelände des Masterplans in Nord-Süd-Richtung erschließen wird, durch einen S-Bahn-Stopp vor der Tür an der Max-Diamand-Straße gewinnen wird. Viele Planungsüberlegungen machen erst Sinn, wenn dieses Herzstück der öffentlichen Erschließung auch realisiert werden kann. Das gilt für die FIZ-Plaza ebenso wie die erhoffte Aufwertung der Promenade entlang der Knorrstraße zwischen Bahn-Nordring und Max-Diamand-Straße. Dass die Stadt gewillt ist, dabei mitzuspielen, hat der Stadtrat in seinem Beschluss gezeigt. Stadtbaurätin Elisabeth Merk wurde auf Initiative der Grünen/Rosa Liste beauftragt, "die Planungen zur Aktivierung des DB-Nordrings für den Schienenpersonennahverkehr aktiv zu unterstützen".

Grafiken für morgen ipad MRB

SZ-Grafik

Wie der Automobilbauer im Münchner Norden betont, sollen von der Neuordnung des Forschungsstandorts nicht nur BMW und seine Zulieferer etwas haben. Profitieren soll vielmehr auch die Nachbarschaft - durch eine attraktivere Gestaltung gerade der Übergänge zwischen den Wohngebieten und dem Gewerbe-Quartier. Zu diesem Zweck haben die Planer für das FIZ-Areal und seine Nachbarschaft ein 100 Hektar großes Kerngebiet definiert, in dem die hauptsächlichen baulichen Veränderungen stattfinden sollen. Das 77 Hektar große Verflechtungsgebiet ist für eine bessere Vernetzung mit der Nachbarschaft vorgesehen. Dazu wird der grüne Nachbarschaftsgarten, den man gleich nach Realisierung des südlich davon gelegenen Projekthauses Nord angelegt wissen will, ebenso beitragen wie eine öffentlich zugängliche Gastronomie im Nordosten, grüne Arrondierungen und Plätze sowie abgestufte Fassadenhöhen.

Nicht von ungefähr beginnt BMW den komplizierten Prozess der Baurechtsschaffung östlich der Knorrstraße, südlich der Troppauer Straße und westlich des Oberhofer Wegs direkt an der südwestlichsten Grenze der Wohnsiedlung am Hart. Unter anderem sollen dabei zwei neue Quartiersplätze entstehen und Freiflächen "mit hochwertiger Grünausstattung". Zwischen Knorr- und Schleißheimer Straße sowie nördlich des Bahn-Nordrings - also am Südrand des FIZ-Areals - will man die Voraussetzungen für den neuen Haupteingangsbereich schaffen, idealerweise in nicht zu ferner Zukunft mit einem S-Bahn-Halt vor der Tür.

Sommerserie - Finger weg !!!!!

Auf und ab: Die einhundertjährige Firmengeschichte von BMW kennt Höhen und Tiefen.

(Foto: sru)

Gleichwohl ist mit Ausnahme des Nachbarschaftsgartens - den SPD und Grüne/Rosa Liste möglichst rasch, gegebenenfalls auch provisorisch herstellen lassen wollen - eine regelrechte Durchquerung des Areals nicht möglich. Dem Sicherheitsbedürfnis des Autobauers an seinem zentralen Konzern-Forschungsstandort wird durch einen eigenen Abschnitt im Masterplan Rechnung getragen - mit nach außen geschlossenen Fassaden, Schleusen und Zutrittsbeschränkungen.

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